Re: *kant-/*kunt-, harbor, hide and hunt

From: tgpedersen
Message: 62578
Date: 2009-01-22

Oops, and I am tempted to add Gmc. xund-/Lat. canis "dog"; it matches
both the semantic criterion (being connected with hunting) and the
morphophonemic one (the Gmc -d and the Latin -a- are unexplained).
German 'hunzen' "treat badly" is usually explained as "treat like a
dog", but formally it corresponds to Eng. 'hunt'.

> In the kant-/katt-/kunt- etc list the internal connections are two
>
> 1) a semantic development from words having to do with hunting
> storage hut, side of the river, harbor building, to community,
> 'Hundertschaft', ie an administrative division; a development from
> frontier conditions to semi-civilization.
>
> 2) Morphophonetically the words are related by two types of
> alternation:
>
> a) alternation between single/geminate/prenasalized stop (in casu
> -t-/-nt-/-tt-); this is the mark of Schrijver's 'language of
> geminates'

see
http://tech.groups.yahoo.com/group/cybalist/message/48657

> b) a/u root vowel alternation; this is the mark of Kuhn's ar-/ur-
> language.

Here's is Kuhn's last article on the subject, it's long and in German,
but it's the best I can do; I might translate it, but it takes days.

Das letzte Indogermanisch
Das Indogermanische ist die längst ausgestorbene und nur erschlossene
Sprache, die den vielen Zweigen der jetzt größten Sprachfamilie des
Erd­balls zugrundeliegt und durch deren Vergleichung in wesentlichen
Zügen rekonstruiert werden konnte. Diese Sprachen reichten im Altertum
nicht nur, wie der gewählte Name sagen soll, vom Indischen bis zum
Germanischen, sondern sowohl im Osten wie im Westen noch darüber
hinaus, und heute ist kein Erdteil von ihnen frei. Wir kennen einige
von ihnen schon im 2. Jahr­tausend vor Christus - das Indische,
Hethitische (in Kleinasien) und Grie­chische -. Sie waren schon damals
weit vom Grundstock abgetrennt und hatten auch schon eine starke
eigene Entwicklung hinter sich. Die Grund­sprache, die wir
hauptsächlich mit ihrer Hilfe erschließen können, muß in der mittleren
und vor allem jüngeren Steinzeit gesprochen worden sein, da jedoch,
trotz der Weiträumigkeit der primitiven Kulturen und der großen
Beweglichkeit ihrer zumeist noch nicht seßhaften Menschen, gewiß noch
auf einem viel engeren Raum, der sich aber ständig erweitert haben
wird. Da die westlichen Indogermanengruppen offenkundig noch lange
zusammen­blieben, als sich im Osten die ersten großen Gruppen schon
abgetrennt hatten, kann das Indogermanische kaum in einem einzigen
Zuge in seine vielen Teile auseinandergebrochen sein. Es wird daher,
als sich die genannten östlichen Gruppen - und gewiß noch weitere -
schon abgespalten hatten, noch ein Indogermanisch gegeben haben, das
noch nicht den Charakter einer abge­sprengten Tochtersprache hatte,
ein Spät- oder Restindogermanisch, das zugleich wohl ein
Westindogermanisch war. Es geht mir hier darum, ob es gelingt, diesem
letzten Indogermanisch näherzukommen und etwas darüber auszumachen, wo
und bis wann es gesprochen wurde, und auf welcher Ent­wicklungsstufe
es gestanden haben mag, und wie es beschaffen war.
Da die uns mehr oder weniger bekannten westindogermanischen Gruppen
der Frühzeit - Kelten und Germanen, die beiden italischen Gruppen,
Illyrer und Veneter - nach den herrschenden Lehren anfangs in den
Ländern nördlich und nordöstlich der Alpen saßen und kein Grund zu
bestehen scheint, dies in Zweifel zu ziehn, so liegt es am nächsten,
dort auch die Heimat des Spätindogermanischen zu suchen, aus dem ihre
Sprachen hervorgegangen sind. Im Westen dieses Raumes haben meine
Untersuchungen nun in Orts- und auch Personennamen, wie in Wörtern,
die ins Frühgermanische eingegangen sind, Überreste eines
Indogermanischen zutage gebracht, die wir keiner der Nachfolgesprachen
zuweisen können, die aber dennoch man­cherlei Verwandtschaft mit den
meisten von ihnen — wie auch den baltischen Sprachen im Osten —
erkennen lassen. Als ihr Kerngebiet ergab sich der „Nordwestblock",
die Landschaften im Südwesten von Unterweser und Aller und im Süden
nach Thüringen und Hessen hinein und weiter bis zu Taunus und Eifel
und etwa an Oise und Somme. Diese Landschaften haben, so ist meine
These, zu den Heimatländern des letzten Indogermanischen gehört, ihr
Südwestteil aber, so scheint es, nur sehr eingeschränkt.
Die Namenforschung hielt es bis vor wenigen Jahrzehnten kaum für
möglich, mit ihrem Stoffe in den Ländern nördlich der Alpen vor die
dort bezeugten indogermanischen Gruppen zurückzukommen. Sie machte
auch nur selten den Versuch und rechnete im allgemeinen nur mit
solchen Völker­verschiebungen, die in den wenigen Quellenwerken, die
uns zur Verfügung stehn, behauptet oder erwähnt sind. Da diese Quellen
nun ein Vordringen der Germanen gegen die Kelten in Westen und
Südwesten bezeugen, so hielt sie weithin eine Unterschicht keltischer
Namen unter den germanischen für möglich oder auch sicher, kam aber
kaum darauf, in den einst keltischen Ländern mit einer nichtkeltischen
Substratschicht zu rechnen. So ergab es sich fast selbstverständlich,
daß z. B. der Name Weser, da er auch aus den alten keltischen Ländern
bekannt ist, dem Keltischen zugesprochen und dar­aus dann gefolgert
wurde, daß die Kelten einmal bis mindestens an die Weser gesessen hatten.
Die Wendung kam hier erst, seit etwa 1950, mit den Arbeiten Hans
Krahes, die eine einheitliche Flußnamenschicht, die „Alteuropäische
Hydronomie", zutage brachten, welche über weite Teile Europas reicht,
und zwar, wie er als sicher nahm, indogermanisch ist, sich aber über
viel weitere Gebiete erstreckt, als es in der Frühzeit ein einzelner
Zweig der indogermanischen Sprachen getan haben kann. Da nun auf der
anderen Seite die Länder der früh abgetrennten ostindogermanischen
Gruppen, das Griechische eingeschlos­sen, so gut wie keinen Anteil an
diesen Namengruppen haben, so schloß Krahe, daß die westlichen
Indogermanen, als diese Hydronomie entstand, trotz der Weite des
Raums, den diese überdeckt, noch eine Einheit waren oder wenigstens
noch stark zusammenhingen (sieh hierüber vor allem die Zusammenfassung
in Krahes letztem Werke „Unsere ältesten Flußnamen", 1964, S. 32 ff.),
nahm jedoch als sicher, daß diese Namen in die Länder südlich der
Alpenkette (und ihrer Verlängerung nach Osten und Westen) erst von den
abwandernden Einzelgruppen eingeführt wurden (a.a.O. S. 31 u. 87). Es
ist aber nichts, das diese Grenzziehung fordert und die ganze
Ländermasse nördlich der Alpenlinie (auch die Britischen Inseln und
Skandi­navien eingeschlossen?) als die Heimat der westindogermanischen
Einheit sichert. Doch dürfen wir wohl als sehr wahrscheinlich gelten
lassen, daß sich der Kern und Ausgangsraum der erörterten Hydronomie
im wesentlichen mit den von mir gesuchten Sitzen der noch
einheitlichen westindogermani­schen Restgruppe deckt.
Krahes Nachweise und Schlüsse ruhen auf sorgfältiger und mühevoller
Kleinarbeit und sind für uns äußerst wichtig. Sie führen uns endlich
vor die geschichtlichen Einzelsprachen zurück, legen viel weitere
Zusammenhängt! klar, als die Namenforschung zuvor für möglich hielt,
und stopfen die Quellen vieler Fehler. Solchen Folgerungen, wie sie
aus dem Namen der Weser gezogen waren, ist nunmehr der Boden entzogen.
Aber es war Krahe nicht vergönnt, fertig zu werden - wer wird dies
schon? —. Manches ist nicht zu Ende gedacht, viele Einzelfragen, die
sich melden mußten, auch wichtige blieben ohne Antwort oder wurden
kaum gestellt — es mag sein, daß er sie vorerst von sich schob —. Ihm
glückte ein großer und wichtiger Schritt, aber er kam nicht über
diesen einen hinaus und setzte nun dort die Grenze fest:, die früher
bei den uns mit Namen bekannten Gruppen festgelegen hatte (vgl. hierzu
meine Besprechung des genannten Büchleins im AfdA. 78, 1967, S. 1-22,
= Kl. Schr. III, S. 320-43). Dies letzte ergab sich daraus, daß Krahe
dessen sicher war, daß es zwar in den Ländern südlich der Alpen
vorindo­germanische Namen gebe, nicht dagegen in Mitteleuropa. Dies
gleicht: in seiner Unbeweisbarkeit einem Axiom. Wie er daran kam, habe
ich nicht zu klären versucht. Von dieser Überzeugung aus ist seine
folgenschwere Behauptung zu verstehen, die Flußnamen seiner Reihen
seien nördlich der Alpen die absolut ältesten Namen, die da für uns
erreichbar sind (a.a.O. S. 87), oder auf jeden Fall ein Teil dieser
ältesten Schicht (so S. 33 und 106). Da er nun aber, wie schon
bemerkt, in den Mittelmeerländern im Gegensatz hierzu das Dasein
vorindogermanischer Substrate willig anerkannte, so gab dies seiner
These, daß das „Kern- und Ursprungsland" seiner Hydronomie im Norden
der Alpenlinie gelegen habe (S. 81) einen, wie er glaubte, sicheren
Boden. Der Gegensatz, von dem er da ausgeht, wäre, wenn er wirklich
besteht, jedoch schon daraus genügend erklärbar, daß die weitaus
meisten alten Namen im Norden seiner alten Grenze wesentlich später
und damit in viel jüngeren und stärker an die Sprachen, die dort in
den geschichtlichen Perioden herrschten, angepaßten Formen bezeugt
sind als ein starker Kern der südeuropäischen Namen. Es wäre aber
trotzdem verwunderlich, wenn die Menschen, die in dem langen Zeitraum
vom Ende der letzten Eiszeit bis ins 2. Jahrtausend vor Christus, dem
Krahe seine Flußnamen zuspricht, in Mitteleuropa hausten - und die als
Indogermancn in Anspruch zu nehmen waghalsig ist -, keinerlei Namen
hinterlassen hätten, derer wir noch habhaft werden können. Es kommt
noch hinzu, daß Krahe im allerletzten Satze seiner genannten Arbeit
selber einräumt, die Namen der großen Flüsse Mittel­europas, die nicht
zu seiner Hydronomie gehören, seien jenen gegenüber eher älter als
jünger. Außerdem sind es nicht die Flüsse allein, unter deren Namen
sich solche von vorgeschichtlichem Alter erhalten haben. Zum mindesten
bei denen der größeren Berge und Inseln steht es wenig anders. Sie
sind nur weil ungleichmäßiger über die Länder verteilt.
Auch auf der anderen Seite, in den Ländern südlich der Alpen, sieht es
für den von Krahe behaupteten Gegensatz nicht so günstig aus, wie er
glauben mochte. Da der Begriff des Indogermanischen den Alten fremd
war, hat kein noch so gelehrter Autor der Antike von einem Volke sagen
können, daß seine Sprache nicht indogermanisch war, und das Wenige,
das auf euro­päischem Hoden in fremdartigen Sprachen aufgezeichnet
wurde und erhalten blieb, lullt uns nicht weit. Unter den Massen dort
bekannter, alter Völker und Stämme sind daher nur wenige, die mit
Sicherheit nicht indogermanisch waren. Um Teile der Vorbewohner
Griechenlands geht in dieser Frage ein schon lange währender Streit,
und auch bei den Ligurern sind wir nicht sicher. Die schwerlich
indogermanischen Etrusker sind, aus der Ägäis her, erst später als die
indogermanischen Umbrer nach Italien gekommen. Ganz sicher nicht
indogermanisch ist wohl nur der baskische Sprachstamm. Aber wir wissen
nicht, wie weit er vor der Ankunft der Kelten über Aquitanien und
Krahes Scheidelinie hinaus ostwärts gereicht haben kann. Leo
Weisgerber fand in den römerzeitlichen Namen im Umkreis der Ardennen
Spuren, die auf einen Zusammenhang mit dem Aquitanischen zu deuten
scheinen (Ann, d. hist. Vereins f. d. Niederrhein 155/156, S. 47-81,
sieh AfdA. 83, 115), und für den Fluß- und Bachnamen Itter, der bei
uns von Brabant bis nach Nordhessen verstreut ist (insgesamt 8 mal),
fand ich eine Erklärung nur im baskischen iturri ,Quelle' (Abh. d.
Mainzer Ak., 1963, S. 563, = Kl. Schr. III, 271). Krahe sagt auch
nichts darüber, wie es in den indogermanisch ge­wordenen Ländern
Südeuropas mit fremden Flußnamen stehen soll. Er nennt: keinen
einzigen und auch keinen solchen Bildungstyp und ebensowenig eine
Untersuchung, in der solche schlüssig nachgewiesen worden sind. Für
Krahes Zweiteilung hätten auch nur Namen oder Namenbildungen Wert, von
denen er mit großer Sicherheit behaupten darf, daß sie unter den
Tausenden alter Gewässernamen Mittel- und Nordeuropas keine Verwandten
haben. Wo sind diese?
Vor rund 15 Jahren glückte es mir, einen zweiten großen und alten
Flußnamenkomplex aufzuspüren, der sich durch ähnliche Merkmale verrät
wie Krahes Hydronomie: die Verbreitung über sehr große Räume und die
Beschränkung auf bestimmte, in weiter Streuung wiederkehrende
Wort-stämme wie auch Ableitungselemente, dazu eine noch stärkere
Begrenzung im Lautstand. Es ist vor allem die Lautfolge ur, daneben
aber auch ar und ir, in den Stammsilben, die diesen Namenreihen ihr
Gepräge gibt und sie zu­sammenhält. Es sind Stämme wie Ur-, Dur-, Kur-
und Stur-, dazu mit Suffixkonsonanten Durs- und Murs-, Urk- und Burk-
und dergleichen mehr. Mit dem Kraheschen System ist dies Neue nicht
nur allgemein durch die Beschränkung auf wenige Stämme und den
Gebrauch bestimmter Ableitungs-inittel verwandt, sondern ganz
besonders durch das Fehlen oder die große Seltenheit der
indogermanischen Grundvokale e und o. Dies rückt die beiden nahe
aneinander. Doch ist in Krahes Reihen a der weitaus häufigste und u
der seltenste der drei Vokale, während in den neuentdeckten u
vorherrscht; und a erst in einigem Abstand folgt. Die auffallende
Beschränkung meiner Reihen nicht nur auf die Stammvokale u, a und i,
sondern darüber hinaus auch ihre Stellung vor r, bestätigt, so scheint
mir, zugleich meine Überzeu­gung, daß auch für Krahes Hydronomie der
begrenzte Lautbestand ein wesentliches Merkmal ist - Krahe stritt dies
entschieden ab -. Die beiden Systeme scheinen sich auch darin
unterschieden zu haben, daß bei Krahe die Suffixe durchweg mit einem
Vokal begannen (Typ Sal-usia und Sal-ika), bei mir aber die meisten
gleich mit dem Konsonanten (Dur-s-, Ur-k- usw.) Ich wies auf das
„ur-/ar-System", wie ich es nenne, zuerst nur kurz in der Besprechung
des hier mehrfach genannten Buches Krahes hin (AfdA. 78, S.4 6), und
etwas ausführlicher dann in Namn och Bygd 59 (1971, S. 52-70).
Hier beschränke ich mich nunmehr auf das, was für mein jetziges Thema,
wichtig ist.
Dies ist zunächst das Verbreitungsgebiet. Es ist größer als das der
Krahe­schen Namengruppen und scheint weithin die Grenzen Europas, die
ich in meine Arbeiten einbezog, zu überschreiten. Es reicht sowohl im
Norden und Westen wie im Süden bis an die Außenküsten unseres
Erdteils, und im Süd­osten bis mindestens in die Länder um das
Schwarze Meer. Eine Ostgrenze ist mir gänzlich dunkel. In den meisten
Ländern sind diese Namen, soweit ich sehe, dünn gestreut. In einigen
großen Landschaften fehlen sie so gut wie ganz, in anderen aber geht
ihre Häufung weit über den Durchschnitt hinaus. Dieser starke Wechsel
gehörte zum ersten, was meine Aufmerksamkeit auf die ur-/ar-Namen
lenkte. Der nach meiner Kenntnis an ihnen reichste Raum ist der weite
Umkreis der Ardennen. Er läßt sich mit vier Urk-Namen ungefähr
umreißen: im Westen die Ource (zur oberen Seine) und die Ourcq zur
Marne), im Norden die alte Insel Urk (in der Zuidersee) und im Osten
die Orke (zur Eder in Nordhessen, vgl. NoB. 59, S. 55). Urk als
Inselname zeigt uns, wie auch das nun Folgende, zugleich, daß die
erörterten Namen nicht auf Flüsse eingeschränkt waren - es sind viele
Inselnamen unter ihnen, von Griechenland bis Norwegen hin -.
Die hiermit im Groben festgelegte, an ur-/ar-Namen besonders reiche
Landschaft reicht im Nordosten bis an eine Linie, die ich die
Borken-Grenze nenne, da sie ungefähr von der Insel Borkum bis nach
Borken in Nordhessen läuft und in ihrer Nähe noch vier andere Orte mit
Burk-Namen liegen (s. NoB. 59, 56). Jenseits von ihr folgt dann ein
sich tief nach Osten er­streckender Raum, der, von einem schmalen
Streifen an der Wasserkante abgesehn, von ur-/ar-Namen nahezu frei ist.
Meine nächste Frage ist nun, zu welchem Sprachstamm die Völkerschaften
gehörten, welche die ur-/ar-Namen gaben. Die oben genannten Merkmale,
welche dieses System mit dem Kraheschen gemeinsam hat, machen es sehr
wahrscheinlich, daß sie aus miteinander nahverwandten Sprachen
hervor­gegangen sind. Aus den erwähnten Voraussetzungen, von denen
Krahe aus­ging, ergibt sich fast selbstverständlich, daß er seine
Hydronomie für rein indogermanisch hielt. Er betont wiederholt, daß
alle ihre Elemente, Stämme wie Suffixe, als indogermanisch nachweisbar
sind (a.a.O. S. 32 und öfter), hätte aber nur behaupten dürfen, daß
sie alle aus dem Indogermanischen -oder indogermanischen
Tochtersprachen - erklärt werden können - Namen­stämme, bei denen dies
nicht glückte, schloß er aus! —. Er erkannte nicht, daß fast alles
kaum schlechter aus nichtindogermanischen Wurzeln erklärt werden kann
und seine Namenreihen als Ganzes wesentliche Elemente ent­halten, die
das Altindogermanische nicht zu erklären vermag. Am wichtig­sten ist
da das schon berührte auffallende Überwiegen des Vokales a — und
daneben i und u — in allen Silben gegenüber einer großen Seltenheit,
wenn nicht völligem Fehlen, der altindogermanischen Haupt- und
Grundvokale e und o, das seine Hydronomie, wie schon gesagt, den
ur-/ar-Namen nahe-rückt. Da ich als gut indogermanisch an Krahes
Namensystem fast allein das Gebiet ihrer Verbreitung anerkennen
konnte, kam ich zu der Folgerung, daß die westlichen Indogermanen die
Grundlagen dieser Hydronomie von Vorbewohnern übernommen, dann
fortentwickelt und über die Länder, die sie besetzten, verbreitet
haben, daß ihre Grundlagen aber dem ur-/ar-System sehr nahe gestanden
haben werden. Hierbei achtete ich nicht darauf, daß die Indogermanen
den überreichen Gebrauch von a, wie ich selber nach­gewiesen habe, in
der jüngeren Steinzeit in ihre Sprache, vornehmlich ihre Wortbildung,
aufgenommen hatten, dies allerdings mit großer Wahrschein­lichkeit aus
einer fremden Sprachfamilie (KZ. 71, S. 143 ff., = Kl. Schr. I, S. 230
ff.), ihn nun aber in den Namen, die sie bildeten, ohne ein weiteres
fremdes Vorbild anwenden konnten. Trotzdem ist die Verwandtschaft ihres
Systems mit dem zweiten, auf das ich aufmerksam wurde, so groß, daß
ich an die Unabhängigkeit der beiden voneinander nicht glauben kann.
Ich denke hier vor allem an das uns schwer verständliche Prinzip, die
Namen­stämme nicht schlicht nach ihrer Bedeutung zu wählen, sondern
ihrer Laut­form dabei zum mindesten ein großes Mitspracherecht, wenn
nicht gar das Alleinrecht, einzuräumen.
An meinem „zweiten Alteuropa" sehe ich nichts, das auf ein
Indogermanentum der Namengeber deutet. Die Lautfolge ur war dem
Frühindogerma­nischen ähnlich ungewohnt wie das a allgemein und damit
auch ar, und auch mit ir wird es ähnlich gewesen sein. Auch
endungslose Nominative, wie sie in Dur (in Irland) und Nar (in
Mittelitalien) bezeugt sind, waren dem Indo­germanischen fremd. Ebenso
wie dieses spricht das skizzierte Verbreitungs­gebiet des
ur-/ar-Systems, soweit ich es kenne, gegen Indogermanen als seine
Schöpfer und Verbreiter. Da, wo wir die frühesten Sitze der westlichen
Indo-germanengruppe am sichersten suchen dürfen, im östlichen und auch
mittleren Mitteleuropa, sind die ur-/ar-Namen innerhalb meines
Arbeitsfeldes am seltensten. Die beiden alten Systeme schließen sich
zwar, soweit das Krahe-sche vorgedrungen ist, im allgemeinen nicht
aus, aber im Großen ist es doch so, daß sich die Länder mit stärkerem
Anteil an -ur- in einem weiten Bogen um die früh indogermanisch
gewordenen Kerngebiete der Namenreihen Krahes legen. Die Erklärung
dieses Kartenbildes wie auch des übrigen Bei­gebrachten liegt, so
denke ich, nah: die ur-/ar-Namen sind die älteren und waren, scheint
es, einmal in den weitesten Teilen Europas (und auch noch darüber
hinaus) im Gebrauch. Dann brachen von Osten Indogermanen ein, eigneten
sich das Flußnamensystem, das sie vorfanden, an, formten es um und
erweiterten es und führten es in den Ländern ein, die sie gewannen. So
wurde der Geltungsraum der älteren Namenreihen ausgehöhlt und weit­hin
gegen die Randgebiete und Küsten wie auch in Bergländer abgedrängt.
Dabei scheinen sie anfangs so gut wie alle Namen des älteren Systems
an ihr neues angepaßt oder anders ersetzt, später aber mehr und mehr
von ihnen bestehen gelassen zu haben. So bildeten sich breite Misch-
und Übergangs­säume, streckenweise — am ehesten wohl da, wo die Grenze
lange festlag -aber ziemlich klare Scheiden. So ist es nach meinem
Stoffe an der schon erwähnten Borken-Grenze und im westlichen
Dänemark, dazu am Ober­rhein zwischen Bodensee und Vogesen, im
obersten Pogebiet und wohl auch an der unteren Rhone (vgl. aber unten
S. 23 f. über die Entstehung der beiden zuerst genannten
Grenzabschnitte). Allen diesen Grenzscheiden ist gemein­sam daß die
ur-/ar-Namen auf derjenigen Seite liegen, die dem mittel­europäischen
Kernraum jener Namen ferner ist. Das ist doch schwerlich Zufall und
bestätigt mir, daß ihre Zurückdrängung aus dem Osten kam. 10
Ist dies im wesentlichen richtig, dann war mein Nordwestblock, den ich
glaube zu den Heimatländern des letzten Indogermanischen rechnen zu
dürfen, nicht sehr lange in ihrem Besitz, und er war außerdem von der
wichtigen Borkengrenze durchschnitten. Schon eh ich auf die
ur-/ar-Namen und ihre dortige Grenze aufmerksam wurde, war mir diese
Linie dadurch aufgefallen, daß sich einige andere Namen und
Bildungselemente, die gleich­falls nicht indogermanischer Herkunft
verdächtig sind, von Westen oder Südwesten her an ungefähr dieselbe
Grenze halten, und ich vermutete schon damals, daß dort eine wichtige
Grenze vorindogermanischer Namengebung gelegen habe (Abh. d. Mainzer
Ak. 1963, S. 562-68). Selbst eine Verbindung, die entlang der Nordsee
zu verwandten Namen hoch im Norden führte, fing da schon an sich
abzuzeichnen. Aber ich konnte damals auch schon ein paar Beispiele
dafür bringen, daß es auch im Nordostteil des Nordwestblocks nicht
ganz an Namen einer vorindogermanischen Substratsprache fehlt. Das
meiste hiervon wurde dann kurz darauf von der Masse der ur-/ar-Namen
in einem unerwarteten Ausmaß ergänzt und auch, so glaube ich,
bestätigt. Doch darf hier, wenigstens was die Borkengrenze angeht, nur
von den Namen — und dann vielleicht den Sprachen — geredet werden
(vgl. hierzu unten S. 23 f.). Die Vorgeschichte weiß von dieser Grenze
nichts.
Für die Aufgabe, die ich mir hier stellte, hat das jetzt Ausgeführte
vor allem die Bedeutung, daß das letzte Indogermanisch in dem einzigen
Raum, in dem wir Nennenswertes von ihm fassen, auf fremdem Substrat
ruht. Wir dürfen es wohl als sicher nehmen, daß aus ihnen mancherlei
in das Indo­germanische, das sich dort durchsetzte, eingegangen ist.
Dies wird, so glaube ich, von einigen lautlichen Erscheinungen
bestätigt, die sein Nachlaß erken­nen läßt (vgl. hierzu Kuhn, Festg.
f. L. L. Hammerich, 1962, S. 122 f., = Kl. Schr. I, S. 398 f.,
Gedenkschrift f. W. Foerste, 1970, S. 50 f. und Festschr. f. K.
Bischoff, 1975, S. 7, 19, 21 u. 26). Das Fremde, das schon von früh an
auf vielerlei Wegen ins Indogermanische eingegangen sein muß, wird
hier deshalb noch einmal verstärkt worden sein. Vor allem aber werden
unter den Namengleichungen, mit denen ich versuchen will, einen Anteil
unsres Nordwestens an den Südwanderungen westindogermanischer Gruppen
dazutun und damit dann zu sichern, daß dieser zum Wohn­gebiet der
letzten Indogermanen gehörte, allerlei nichtindogermanische Bildungen
sein, die von den westwärts dringenden indogermanischen Gruppen
übernommen worden waren. Ihr Zusammenhang mit südeuro­päischen Namen
beruht z. T. vielleicht aber auf schon vorindogermanischen
verwandtschaftlichen Beziehungen. Eine weitere Fehlerquelle liegt
darin, daß viele Namen des Nordwestblocks, die da irgendwo in
Südeuropa nahe Verwandte haben, vielleicht auch in den östlicheren,
uns nicht mehr zugänglichen Teilen der mitteleuropäischen Heimat der
westlichen Indogermanengruppen bestanden haben und von da in den Süden
gekommen sind. Dies sind Unsicherheitsfaktoren, an denen nur schwer
vorbeizukommen ist. Zu ihnen kommen dann die allgemeinen, namentlich
die zufälligen und meist erst sekundären Ähnlichkeiten - der ältesten
Formen der Namen sind wir ja nur selten sicher -. Ich rechne daher,
wie schon immer, damit, daß mir allerlei falsche Kombinationen
unterlaufen, und ich weiß, daß möglichst viele Parallelen
zusammenkommen müssen, damit falsche, die darunter sind, kei­nen
nennenswerten Schaden tun. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch,
daß es nur kleine Reste des einstigen Bestandes sind, die wir noch zu
fassen bekommen und für Vergleiche verwenden können. Es kommt hinzu,
daß ich nur an ziemlich kleine Teile der noch vorhandenen oder
erreichbaren alten Namen herangekommen bin, und dies auf beiden
Seiten. Es kommt kaum mehr als Stichproben gleich, doch brachten die
meisten von ihnen mehr als ich erwartet hatte.
Ich komme nun zu den Namen, die einen Anteil des Nordwestblocks an den
indogermanischen Wanderungen in die Mittelmeerländer sicher oder doch
wahrscheinlich machen, kann da aber, obwohl mein Material, wie
erwähnt, noch sehr lückenhaft ist, nicht alles vorlegen, dessen ich
habhaft wurde, und wähle nur drei kleine Landschaften aus, die
erheblich stärker beteiligt scheinen als der Durchschnitt. Als erste
nehme ich das Gebiet der Marsi im Gebirge östlich Rom, weil schon ihr
Name, da er im alten Westfalen wiederkehrt, besonders starke
Beziehungen zu unserem Nordwestblock erwarten läßt. Ich weiß, daß
dieser Name auf der italischen Seite, wegen einer vereinzel­ten
Schreibung Martses (Dat. plur.) in einer Inschrift, aus *martii
erklärt wird. Aber diese Inschrift kommt aus einer römischen Kolonie,
in der der Name zu lat. Mars/Gen. Martis gestellt worden sein kann.
Ein Actia in derselben Inschrift sowie auch der Name der auch
marsischen Göttin Angitia (vgl. unten) haben den vermeinten Wandel
nicht mitgemacht. Die spärlichen übrigen Zeugnisse für ihn gehören
südlicheren Landschaften an. In dieser Lage scheint es mir nicht
erlaubt, die beiden Marsi-Namen auseinander-zureißen.
Aus dem kleinen Siedlungsraum der italischen Marsi sind, soweit ich
fest­stellen konnte, im Altertum 11 nicht lateinische geographische
Namen über­liefert. Von ihnen haben mindestens 6 Stammverwandte auf
deutschem Boden. Es sind
Antinum (Ort): Anten (Antunum, nw. Osnabrück) und Enzen (2mal in
Ripuarien)
Aternus (Fluß): die Atter (bei Osnabrück)
lacus Fucinus: Vochene (jetzt Vochem, zu Brühl, s. Köln), dazu (Alba)
Fucens/Fucentia (Ort): Vochentz (Vögnitz, sö. Schweinfurt), vgl. auch
Fohhences-heim
Glanis/Clanis (Fluß, = Liris): Glan/Glane (vgl. AfdA. 78,21)
mons Imeus : Ihme (zur Leine bei Hannover) oder Imen (jetzt Ehmen, nö.
Braunschweig)
Marruvium (Ort): Marvingi (Stamm).
Den Ortsnamen Alba (Fucens) habe ich fortgelassen, da es mir zu
unsicher ist, ob er mit dem auch bei uns nicht seltenen Flußnamenstamm
Alb- (in Elbe usw.) oder dem Bergnamen Alb zusammenhängt, und ebenso
Cerfennia (Ort) neben der Sippe von Carvium (jetzt Herwen; vgl. Rhein.
Vjbll. 37,297 f.). Dagegen hat der in dem marsischen Ortsnamen
lucus/fanum Angitiae ge­nannte Name einer Göttin in Norddeutschland
überraschende Parallelen. In Osnabrück ist der Frauenname Engize
bezeugt, und in Köln eine Engezen-gazze, dazu dann der Ortsname
Enget-here (jetzt Engter, n. Osnabrück). Dazu Schlaug, Studien zu den
altsächsischen Personennamen des 11. und 12. Jahrhunderts, S. 193 f.,
Gysseling, Toponymisch Woordenboek, S. 320. Plinius nennt außerdem in
einer anderen Landschaft den Einwohnernamen Abellinates und bezeichnet
sie als Marsi. Dieser Name kann mit dem auch von Plinius bezeugten
Namen der germanischen Bernsteininsel Abalus zu­sammenhängen. Keine
Anknüpfungsmöglichkeit besteht, soweit ich sehe, allein bei den
marsischen - aber nicht nur marsischen - Flußnamen Liris und Pitonius
und dem Einwohnernamen Anxatini.
Es ist mir klar, daß keine dieser einzelnen Gleichungen auf festen
Füßen steht, ebenso aber auch, daß der Zufall selten so viele
Ähnlichkeiten anhäuft. Dies gilt namentlich vom Osnabrückschen. Da
kommen von den deutschen Namen, die zusammen waren, nicht nur Anten,
Atter, Engize (samt Engter und Glane, diese mehrfach) zusammen,
sondern auch der Name Marsi selbst hat dort einen Verwandten, den
Ortsnamen Marsunon/Marsene (jetzt Merzen geschrieben, nw. Osnabrück).
Doch hat Marsi bei uns auch noch manche weitere Angehörige, die
meisten in den Niederlanden, wo im Altertum die Marsaci saßen und im
Mittelalter ein Gau an der Maasmündung Marsum hieß. Aber auch von den
anderen jetzt wiederholten Namen ist keiner auf dies Gebiet
beschränkt. Diese Lage warnt davor, auf der Grundlage solcher
Beziehungen ohne weitere Anhaltspunkte einzelnen Auswanderergruppen
eine bestimmte Heimatlandschaft zuzusprechen.
Da das Osnabrücker Land und insbesondere das Gebiet um die Hase
nördlich der Bergkette hier so stark in den Vordergrund rückte, prüfte
ich darauf, ob dort noch weitere alte Namen auf Beziehungen zu Italien
weisen, und fand unter anderem noch einiges, das mir besondere
Aufmerksamkeit zu verdienen scheint. Dem Namen der Hase kann ein
vorgermanisch Kosa zugrundeliegen. Cosa heißt aber auch ein kleiner
Fluß in Latium nah an der Grenze zu den Marsi. An ihr sind im Altertum
zwei Orte bezeugt, Aletrium und Frusino. Der erste dieser Namen hat in
Elidrun/Elderun, jetzt Eltern (das d statt t ist Corveyer Schreibung)
einen Vetter an unserer Hase. Es gibt in Mittelitalien aber auch eine
Ortschaft Cosa. Sie liegt in der Gemarkung der alten Etruskerstadt
Volci (nw. Rom). Volci aber scheint dasselbe zu sein wie der keltische
Stammesname Volcae - oder doch aufs engste mit ihm verwandt-, und
damit zugleich auch wie germanisch *Falho:s (mit F- aus W-), das
spätere Falen. Die Landschaft um die Hase aber gehörte sehr
wahrschein­lich zu den ältesten Sitzen deren westlicher Gruppe, der
Westfalen (sieh zu diesen Fragen Kuhn, Westf. Forsch. 27, 1975, S.
1-7). Bei uns also die Hase mit Eltern und Falen, und in Mittelitalien
Cosa mit Aletrium und Volci. Gegen die Zufälligkeit der bisher
genannten Gleichungen spricht noch, daß die Cosa-Namen in Italien eine
isolierte Gruppe bilden (s. unten).
Ein zweites Beispiel: In dem kleinen Flußgebiet der Alme, die nahe
Pader­born von Süden in die Lippe mündet, fielen mir 8 Namen auf, die
A- als Anlaut gehabt haben werden, einen ungermanischen Eindruck
machen und ebenfalls mit A- im Stamm allesamt Stammverwandte im Süden
Europas zu haben scheinen. Es sind die Flußnamen Alme, Altenau und
Afte und die Ortsnamen Elsen, Ahden und Alfen, Etteln und Atteln.
Neben Alme (alt Almana) stehen Almana, Ort in Makedonien, Alma, Fluß
in Etrurien, Almo, kleiner Fluß bei Rom, neben Altenau Altanum, Ort in
Bruttium, und Altinum in Venetien, dazu auch Altis in Olympia (vgl. zu
diesem Namenstamm Kuhn, Westf. Forsch. 12, S. 20 f., = Kl. Schr. III,
S. 137 f.), neben Afte der Ortsname Aptara/Aptera auf Kreta, neben
Elsen Alsium in Etrurien, Alsa, Fluß in Venetien, Aleísion in Elis und
Alpheiós in Lakonien, neben Ahden (alt Adana — samt Ober und Nieder
Aden bei Kamen) das siebenmalige gr. Atha~nai/Athe:~nai samt Adana in
Kilikien, neben Alfen die vielen schon berührten Städte namens Alba
(und auch Albium) in Italien, aber auch die Flußnamen Albinia in
Etrurien, Albula (= Tiber) und Alpheiós auf der Peloponnes, neben
Etteln (alt Etlinon) und Atteln (alt Atlon) steht Atella, Stadt in
Kampanien, und die römische gens Atilia, dazu Attalia als Name zweier
Städte in Kleinasien.
An den südlichen Gegenstücken der 7 erörterten alten Namenstämmc mit
altem A-Anlaut im Almeraum, die ich nennen konnte, sind sowohl Italien
wie Griechenland in mindestens 5 Fällen beteiligt. Von diesen
griechischen Namen stehen 3 schon im Schiffskatalog der Ilias
(Aleísion , Athe:~nai und Alpheiós). Ich betone dies, weil die
herrschende Lehre dem Germanischen und Griechi­schen nennenswerte
verwandtschaftliche Beziehungen abspricht, obwohl die normale
Steigerung der Adjektiva auf beiden Seiten gleich ist und gr. kei~nos
(ekei~nos) und ke:~nos ,jener' nur in den altnordischen Pronomina hinn
und bann Entsprechungen zu haben scheinen. In den Namen kann es sich
jedoch überall um Beziehungen handeln, die schon vorindogermanischen
Schichten angehören. Als ziemlich sichere Fälle dieser Art erwähne ich
noch die grie­chischen Inselnamen Kárnos und Súrnos neben den
norwegischen Hern und Surn-øy, die zu den Gruppen der ur-/ar-Namen
gehören. Auch zur Erklärung der Apellativa mit p-Anlaut, die aus einer
Substratsprache ins Germanische übernommen sind (ZfMaf. 28, S. 3-10, =
Kl. Schr. I, S. 363-370), kam ich ohne griechische Hilfe nicht aus
(sieh Nr. 13 peþil-, 19 purs-, 31 pa:g-, 32 po:l -und 34 platt-).
Auf der italischen Seite ist es wichtig, daß die verwandtschaftlichen
Beziehungen unserer ältesten Namen viel öfter zur Mitte des Landes und
auch seinem Süden gehen als zu seinem Norden. Dies wird am
deutlichsten in einigen Fällen, in denen der südliche Verwandte
mehrfach bezeugt ist. So ist es bei den zwei Cosa, zu denen in Cora
(sö. Rom) wahrscheinlich noch ein dritter Fall (mit lateinisch -s- >
-r-) hinzukommt. Auch der Flußname Glanis/Clanis ist noch zwei weitere
Male da — in Etrurien (zur Tiber) und in Kampanien —. Das gleichfalls
genannte Volci hat in Lukanien noch ein Volcei neben sich. Unserem
falis ,Fels', dessen Kerngebiet der große Umkreis der Ardennen gewesen
sein wird und das als falaise auch ins Französische gegangen ist,
begegnen wir in Mittelitalien 3 mal wieder, in Falesia, an der
etruskischen Küste, der alten Felsenstadt Falerii (n. Rom), mit dem
Ein­wohnernamen Falisci (vgl. Westf. Forsch. 12, S. 43, = Kl. Schr.
III, S. 171), und in ager Falernus im nördlichsten Kampanien, dazu
wohl aber auch im norditalischen Felsina, dem älteren Namen Bolognas,
sowie in Phalasíai in Arkadien und Phalasía (oder Phalassía) Akra auf
Euböa. Nah dem ager Falernus ist der mons Massicus, dessen Mass- in
dem Ortsnamen Massa Veternensis in Etrurien wiederkehren wird und wohl
mit dem althessischen Mattium zusammenhängt (Kuhn, Festschr. f. K.
Bischoff, 1975, S. 7 f.).
Gleichungen, wie diese letzten, machen es, obwohl auch hier nicht
alles sicher ist, in ihrer Häufung doch wohl sicher, daß zwischen dem
vorgeschicht­lichen deutschen und dem alten mittel- und auch
süditalischen Namengut eine besonders enge Beziehung besteht, die wir
(wenn auch vorindogerma­nische Bildungen darunter sind) wohl nur
daraus erklären können, daß erhebliche Teile der in die Mitte und den
Süden Italiens eingewanderten Indogermanen aus unserem Norden gekommen
sind. Wieweit sie aus dem Nordwestblock kamen, der uns die
Namenparallelen liefert, und nicht aus den östlichen Teilen der
einstigen Heimat der letzten Indogermanen, ist eine andere Frage (vgl.
oben). Wir können dies mit einiger Zuversicht wohl nur da behaupten,
wo die Namen auf beiden Seiten in derselben Kombination erscheinen,
oder es wahrscheinlich ist, daß sie bei uns nur im Westteil des
Nordwestblocks heimisch waren.
Ich kenne zwar viele Namen oder Namenelemente, die bei uns auf den
Westteil des Nordwestblocks beschränkt erscheinen und doch auch in den
indogermanischen Ländern Südeuropas bezeugt sind, aber die meisten
können, wie schon berührt, auf beiden Seiten zum Nachlaß
vorindogennanischer Substrate gehören, und viele tun dies mit großer
Wahrscheinlichkeit - so etwa mancherlei Glieder des ur-/ar-Systems —.
Auch den gemeinsamen Besitz von Namen der Kraheschen Hydronomie wird
kaum noch jemand ohne weiteres mit einer späten und direkten
Übertragung von einem Fluß auf den anderen erklären. Ganz anders steht
es mit dem Flußnamenstamme Glan-, den wir im mittleren Italien 3 mal
und im weiteren Umkreis der Hase 4 mal kennen. Sein
Dichtigkeitszentrum ist der Westen des Nordwestblocks (Kuhn AfdA. 78,
S. 28), doch ist er auch in den einst keltischen Ländern verstreut.
Über die Weser geht er nur mit einer vereinzelten Glene (zur mittleren
Leine, Hydr. Germ. 8, S. 35). Der Stamm wird indogermanisch sein,
nicht jedoch, wie noch Krahe glaubte, keltisch (a.a.O. S. 88 f.). Da
die einst keltischen Landschaften Norditaliens ohne ein Glan- sind,
und auch Südfrankreich kaum beteiligt ist, sind die drei im
südlicheren Italien sehr wahrscheinlich mit den vielen anderen Namen
aus Norddeutschland ge­kommen. Doch kommt da als Ausgangsraum kaum
andres als der Westteil des Nordwestblocks in Frage. Ähnlich ist es
mit dem lacus Prilius, wie die Lagunen vor der Umbro-Mündung in
Etrurien im Altertum hießen. Pril­ ist offenkundig dasselbe wie ndd.
und ndl. Priel als Bezeichnung der Rinnen, durch welche die Flut im
Wattenmeer ein- und ausläuft. Da unserem Wort die germanische
Lautverschiebung fehlt, muß es im Nordwestblock über­nommen und wird
auch von ihm ausgegangen sein. Das ist bei einem derart
landschaftsgebundenen Wort von vornherein wahrscheinlich. Ähnlich
steht es mit dem schon herangezogenen fales- ,Fels', dessen Heimat
eindeutig im Südwesten des Nordwestblocks lag und das von dort nach
Italien - und auch Griechenland — gelangt sein wird. Ich nehme zwar
an, daß sowohl pril- wie fales- vorindogermanischen Ursprungs sind,
aber sie werden doch erst von Indogermanen nach Italien verpflanzt
worden sein. Dann ist da noch der Ortsname Aefula mit dem mons
Aeflanus in Latium, der doch wohl aus der Eifel (alt Eifla u. ä.)
gekommen ist, es sei denn daß Eifla (mit hochdeutscher
Lautverschiebung) auf Aipula od. ä. zurückgeht und zu der dunklen
Sippe von gr. aipos; (n.) ,steile Höhe' gehört. Auf den Nordwestblock
wird auch der Gewässernamenstamm man- oder mann- begrenzt gewesen
sein, der da, abgesehn von Holtismenni an der Oberweser (heute
Holzminden), etwa 10 mal im Gebiet zwischen Dortmund und Kassel
bezeugt ist und nur in lat. ma:na:re ,fließen' einen Verwandten zu
haben scheint (Kuhn, Festschr. f. K. Bischoff, S. 25). Das Lateinische
wird es aus dem genannten Abschnitt des Nordwestblocks erhalten haben.
Doch macht der Wechsel von man(n)-und man- vorindogermanische Herkunft
auch dieses Worts wahrscheinlich (vgl. Kuhn, Festg. f. Hammerich,
1962, S. 122 f.).
Obschon es mir im wesentlichen darum geht, daß die alten Namen einen
starken Zusammenhang zwischen großen Teilen der indogermanischen
Länder südlich der Alpen und dem Norden Deutschlands bestätigen, ist
es mir trotz­dem wichtig zu sichern, daß unser Nordwestblock, der
allein uns auf unserer Seite einen tiefen Einblick in Namenschichten
längst vergangener Zeiten gewährt, und vor allen Dingen sein am
spätesten indogermanisch gewordener Südwestteil, aktiv an dieser
Übertragung von Namen oder Namenwörtern Anteil hatte. Denn es würde
doch wohl aussagen, daß diese Gebiete damals, als dies geschah, schon
in indogermanischen Händen, wenn vielleicht auch sprachlich noch nicht
gänzlich eingeschmolzen waren. Da an den Namen­gleichungen, die am
ehesten für den erörterten Anteil Zeugnis geben, auch Etrurien
beteiligt ist (mit mindestens Glanis, Prilius und Falesia), die
Indo­germanen dorthin aber gekommen sein müssen, eh die Landschaft in
die Hände der Etrusker fiel, so ergibt sich der wichtige Schluß, daß
der Süd­westteil des Nordwestblocks indogermanisch geworden sein muß,
noch bevor Etrurien etruskisch wurde (vgl. u. S. 24). Doch muß ich, um
dem einen festeren Boden zu geben, noch etwas ausholen.
Seit Johannes Schmidt 1872 die Verwandtschaftsverhältnisse der
indo­germanischen Sprachzweige untereinander mit dem Bilde vieler sich
über­schneidender Wellenringe erklärte (der Wellentheorie), und sich
diese Theorie unter anderem an den verwandtschaftlichen Beziehungen
der deutschen Mundarten bewährte, wurde wieder und wieder versucht,
aus solchen Be­ziehungen das ursprüngliche Lageverhältnis der
Siedlungsgebiete einzelner Sprach- und Mundartgruppen zu erschließen:
zwei solche Gruppen, denen wichtige Neuerungen gemeinsam sind, müssen
einstmals Nachbarn gewesen sein. Nimmt man all die Nachbarschaften,
die sich ergeben, zusammen, dann ' wird sich der einstige
Siedlungsplan der Gesamtheit Waben gleich zusammen­setzen lassen.
„Nachbarschaft" ist daher ein wichtiges Kennwort dieses Ver­fahrens.
Auch H. Krahe hing ihm an, und in seinem Buche über „Sprache und
Vorzeit", in dem er es unternahm, die Wege der westindogermanischen
Sprachen von der gemeinsamen Grundlage bis in ihre späteren Sitze zu
ver­folgen, spricht er wohl 15 bis 20 mal von solchen einstigen
Nachbarschaften. Aber bei den verwickelten Verhältnissen zwischen den
zwei italischen und zwei keltischen Untergruppen (S. 83-98) versagt
ihm dieser Weg, und er greift zu der eigenartigen These, diese beiden
Gruppen seien aus einem gemeinsamen Ursprungsgebiet hervorgegangen, in
dem die mundartliche Entwicklung noch unfertig war (S. 88 f. u. 96 f.,
dazu 92) und das offene Grenzen hatte (S. 91).
Hier versagt die Wellentheorie mitsamt den Nachbarschaften. Das
wundert mich nicht. Denn sie setzt neben anderem voraus, daß die
sprachlichen Ein­heiten, die bei abgewanderten Gruppen greifbar
werden, auch schon vor der Abtrennung, d. h. im noch geschlossenen
Gefüge des alten Siedlungsraums, als Untereinheiten vorgebildet waren,
und daß sie in ihrer Zusammensetzung im wesentlichen unverändert
blieben, so daß Kelten, Illyrer usw. zum min­desten als Keimzellen und
zugleich mit den Grundzügen ihrer späteren Sprachen schon innerhalb
des einstigen größeren Verbands existierten. Über diese allgemeine
Voraussetzung fand ich nirgends eine Rechtfertigung. Ich bin
überzeugt, daß sie nur ziemlich selten erfüllt war. Seit wir Einblick
in derlei Wanderbewegungen haben, und das ist seit den frühesten
germanischen Zügen gegen Süden, pflegte es ganz anders zuzugehen. So
hatte Ariovist in seinem Heere außer Sweben auch Haruden, Markomannen,
Triboker, Van­gionen, Nemeter und Sedusier (Caesar, B. G. I, 51). Wäre
ihnen im Elsaß die Ansiedlung geglückt, dann wären sie wahrscheinlich
bald zu einem neuen Stamme zusammengewachsen, und die meisten Frauen,
und damit die Mütter ihrer Kinder, hätten sie sich obendrein dort in
der Fremde gesucht. Der Historiker R. Wenskus zeigte 1961 an einem
riesigen Stoffe, daß die in der Völkerwanderung ausziehenden Gruppen,
wennschon sie ihrem Grundbe­stand und auch Namen nach einem einzelnen
Stamm angehörten, auf ihren Wegen doch bald auch Andersstämmige
aufzunehmen pflegten, bis zu Fremd­völkischen hin, und sich in der
neuen Heimat dazu mit Teilen der älteren Bevölkerung mischten
(Stammesbildung und Verfassung). Er braucht das gute Bild der
Wanderlawine. Noch klarer wird dies in der Wikingerzeit, bei der
deutschen Ostsiedlung im Mittelalter und in den überseeischen Kolonien
der Neuzeit. Es hat, und das ist hier das Wichtigste,
selbstverständlich auch zu vielerlei Mundart- und Sprachmischungen
führen müssen.
Es ist von vornherein unwahrscheinlich, daß es in der dunklen
vorgeschicht­lichen Zeit durchweg anders zuzugehen pflegte als
späterhin. Die Verhältnisse in den italischen und keltischen
Untergruppen, für welche Krahe unter seinen Voraussetzungen keine
einleuchtende Erklärung geben konnte, werden leicht verständlich, wenn
wir davon ausgehn, daß sie sich zum Teil aus den Gebieten derselben
schon auseinandergewachsenen Mundarten der älteren Heimat
rekrutierten, der Ausgleich zwischen diesen die entstehenden neuen
Einheiten oder Untereinheiten dann aber verschiedene Wege führte. Aber
auch da, wo wir dem Anschein nach mit Nachbarschaftsbeziehungen
aus­kommen können, wird es meist nicht anders gewesen sein. Darauf
deuten unter anderem viele Unregelmäßigkeiten im Lautstand des
Lateinischen, in dem allerdings zumeist der bequeme aber durchweg
unkontrollierbare Ausweg bleibt, ihn einem der anderen italischen
Dialekte in die Schuhe zu schieben. Aber im Germanischen haben wir
keine solche Hintertür und trotzdem kaum weniger Wortformen, die sich
nicht aus seiner normalen Entwicklung erklären lassen, wohl dagegen
aus der in anderen Zweigen des Westindo­germanischen. Krahe hat auf
diese Einzelgänger nicht im geringsten geachtet. Hätte er es getan und
ein Bündel solcher Fälle in seine Untersuchung auf­genommen, dann
würde er die Nachbarschaftsthese wahrscheinlich in einen engen Winkel
verwiesen haben. Aber sie verdienen nicht weniger Rücksicht als jene
Formen, welche die Grammatik als regelmäßig anerkennt. Ich halte mich
hier vor allem an die Entwicklung der indogermanischen Labiovelare.
Sie müssen etwas schwierige Laute gewesen sein, sind im Lautvorrat der
Sprachen selten und haben im großen wie im kleinen zu vielerlei
Verwirrung geführt. Sie haben auch den Hauptanteil an den
Schwierigkeiten, die Krahe mit dem Keltischen und Italischen hatte. Im
Germanischen wechseln in ihrer Nachfolge einfache Gutturale und
Labiale miteinander, angeblich laut­gesetzlich geregelt - und dann
durch analogischen Ausgleich gründlich ge­stört -, in Wirklichkeit
wahrscheinlich ohne jede Regel. So stehn bei uns denn nebeneinander
kriechen und nd. krupen,
streichen und streifen,
tauchen und taufen,
nd. Siek und Siepen ,feuchte Bodensenke',
engl. shrink und hd. schrumpfen,
Strunk und Strumpf,
got. *auhns/ altschw. ugn und dt. Ofen,
an. ylgr .Wölfin' und ulfr ,Wolf,
dt. leihen und bleiben und dergleichen mehr.
Der seltenere - und daher im ganzen als unregelmäßig geltende - Labial
hat sich in einigen wichtigen germanischen Wortstämmen ganz
durchgesetzt, so im Zahlwort vier (got. fidwo:r) gegenüber lat.
quattuor, aber auch im Inlaut von fünf (got. fimf, statt *finh > *
fi:h), und dies entspricht mit seinen zwei Labialen osk. *pompe (und
gall. *pempe), während unser Wolf mit seinem f lat. lupus (und an.
ylgr ,Wölfin' gr. lúkos) entspricht. Die indo­germanische Grundform
von fünf ist penque. Aber im Lateinischen und Keltischen ist anlautend
p-, wenn ihm qu folgte, auch zu qu- geworden. Daher heißt es im
Lateinischen quinque, und ähnlich, etwas weiter gebildet, coquo
,kochen', zu idg. pequ-/poqu- ,kochen, backen'. Hier haben wir nun
auch bei uns in kak-/ko:k- ,Kuchen' (an. *kaka, oder *ko,kva, ahd.
kuocho) eine klare Entsprechung mit derselben, dem Germanischen sonst
fremden Grundform. Wegen der Lautfolge Tenuis + Vokal + Tenuis können
diese Stämme nicht ordnungsgemäß aus dem Indogermanischen geerbt
(Kuhn, Festg. f. L. L. Hammerich, 1962, S. 118) und wegen des
Übergangs von o > a und des Wechsels von a und o auch nicht aus dem
Lateinischen ent­lehnt sein. Es bleibt als Erklärung nur, daß die
Wörter ihre gemeinsame Grundform - vielleicht auch schon mit *quequ- >
*koqu-, aber es gab im Griechischen auch, mit o im Stamm, das
nahverwandte pópanon ,Gebäck' schon aus einer Mundart in der
westindogermanischen Heimat beider Sprachen erhalten haben, und dies,
wegen des Fehlens der Lautverschiebung auf der germanischen Seite,
sehr wahrscheinlich im Raume des Nordwestblocks. Dagegen zeigen die
übrigen genannten Fälle (kriechen, krupen usw., samt vier und fünf)
durch die Teilnahme an der germanischen Lautverschiebung, daß diese
Entwicklung nicht nur im Gebiet des Nordwestblocks stattgefun­den hat.
Im Lateinischen ist u in der Stellung zwischen l und b oder p zum Teil
zu i geworden (libet neben lubet, clipeus neben clupeus u. a.). Dies
Nebenein­ander ist früh bezeugt und wahrscheinlich schon nach Italien
mitgebracht. Denn wir haben eine genaue Entsprechung in unserem
Flußnamen Lippe, den die Römer nur als Lupia (u. ä.) kannten. Aber
keine germanische oder deutsche Lautregel kann erklären, wie daraus
Lippe wurde (zuerst Lippa beim Geo-graphen von Ravenna). Aber auch die
Stadt Lecce in Kalabrien -- das von Illyrern besetzt sein soll - hieß
im Altertum Lupiae oder Lupia, scheint aber schon früh auch Lipia o.
ä. geschrieben zu sein, so wie die heutige Form es voraussetzt. Es ist
also ein altwestindogermanischer mundartlicher Laut-übergang, und wir
können ihn dieses Mal auf den Nordwestblock festlegen. Vielleicht hieß
der Fluß einmal im Unterlauf, wo die Römer ihn kennen­lernten, Lupia,
oberhalb der Borkengrenze, die ihn kreuzt, dagegen Lipia.
Krahe war sich dessen wohl bewußt, daß die vielen gleichen oder
eng­verwandten Neuerungen in mehreren später voneinander getrennten
Zweigen des Westindogermanischen in der Regel zur Voraussetzung haben,
daß diese Neuerungen schon in der gemeinsamen Heimat nördlich der
Alpen vor­gebildet waren — dies ist ja eine wesentliche Grundlage
seines Verwandtschafts-schemas -, und er erkennt damit an, daß in der
älteren Heimat .schon eine starke mundartliche Aufspaltung der
ererbten Sprache bestanden haben muß. Die artverwandten
Formendoppelungen innerhalb einzelner dieser Zweige, die aber doch
auch in anderen Zweigen Parallelen haben, von denen ich einige
Beispiele nannte, fügen noch mancherlei Weiteres bei. Die auffallend
starke mundartliche Zerrissenheit des Westindogermanischen, die sich
hier­aus ergibt, wird noch dadurch ergänzt und betont, daß wir keine
lautliche oder grammatische Neuerung kennen, welche die Gesamtheit
dieses Teils des Indogermanischen erfaßt hat und diesen Hauptteil
gegenüber den vor langem ausgeschiedenen östlichen Gruppen zu einer
Einheit macht. Das Westindo­germanische war danach, als die großen
neuen Abwanderungen kamen, schon so weit zerfallen, daß wir zögern
müssen, es noch als eine Sprache anzu­erkennen.
Es sind nicht nur geringfügige lautliche Verschiebungen um die es hier
geht. Auf eine, der eine erhebliche Bedeutung zukam, machte ich ZfMaf.
28, S. 13 aufmerksam: den Übergang der Tenues zu Medien. Allein 7 der
ins Ger­manische übernommenen alten Wörter mit p-Anlaut, die ich am
angeführten Ort zusammenstellte, haben Nebenformen mit anlautendem b-.
Ich habe inzwischen beträchtlich mehr von solchen Fällen gesammelt,
die meisten aus dem Germanischen. Hier haben wir u. a. dragan ,ziehen'
neben lat. trahere, dro:g-/dru:g-/drukn- ,trocken' neben got. þaursus
,dürr' aus tr.s-), digr- ,dick' neben þikw-, das Präfix ga- aus idg.
kom-, dazu vielleicht bergan ,bergen' neben lat. parcere ,schonen' und
geban ,geben' (samt kelt. gab- ,geben' und ,nehmen') neben lat.
capere. Im Lateinischen fielen mir auf bibere ,trinken' zum
indogermanischen Stamm po:-, gladius ,Schwert' neben cla:des
Ver­letzung' und sagitta ,Pfeil' neben secare ,schneiden'. Schon
vorindogerma­nisch werden die Doppelformen sein, die wir in der Sippe
von germ. perk-,Pferch' gegenüber unserem Barre haben.
Die Namenparallelen zwischen Norden und Süden, die ich kenne, steuern
nur wenig zu der Frage bei, ob die Abgewanderten in geschlossenen
lands-männischen Verbänden oder in durcheinandergewürfelten Haufen in
die neue Heimat zu kommen pflegten. Die Fälle, in denen mehrere im
Norden benachbarte Namen auch im Süden wieder als Nachbarn erscheinen,
sind allzu selten und sagen auch nur wenig aus. Daß größere
Namengruppen des Nordens in einer geschlossenen Landschaft des Südens
eine Parallele haben, wie die herrschende Theorie vermuten läßt,
darauf deutet, soweit ich sehe, kaum etwas. Hätte diese Lehre recht,
dann müßte sich zum Beispiel im Umkreis des oben erwähnten lacus
Prilius ein Volksstamm angesiedelt haben, der von unserer Nordseeküste
kam. Es hat jedoch genug sein müssen, daß unter den Ankömmlingen
Einzelne waren, die in der großen Lagune an der Umbromündung, für
welche die übrigen kaum eine Bezeichnung wissen konn­ten, einen
Verwandten des an Prielen reichen Wattenmeers erkannten. Noch viel
deutlicher sagen einige Übertragungen anderer Art, was ich meine. In
der Val Camonica (nördlich Brescia) sind Mengen von Felsritzungcn
gefunden, die mit den bekannten nordischen der Bronzezeit aufs engste
zusammen­hängen müssen. Die Sprache der Inschriften auf einigen von
ihnen aber ist italisch. Die Erklärung kann nur sein, daß unter denen,
die in das Alpen-tal verschlagen wurden, einige mit der Kunst der
Felsritzungen vertraute Skandinavier waren, die die Eignung des
dortigen Felsmaterials für diesen Zweck erkannten und ihren heimischen
Brauch in das Tal verpflanzten. Wäre das Tal von einer geschlossenen
nordischen Einheit besetzt, dann würde die Sprache der zugehörigen
Inschriften kaum italisch sein. Die Auslegung, die z. B. Krahe gibt,
die Felsritzer müßten in nächster Nähe der Germanen gewohnt haben, die
später nach Schweden gingen (Die Indogermanisierung Griechenlands und
Italiens, 1949, S. 52), ist ein Unding. Oder wir müßten in dieser Nähe
solches Gestein und solche Ritzungen kennen. Die Zeit der späteren
germanischen Wanderungen liefert hierzu noch eine willkommene
Parallele. Der Wortschatz der nordgermanischen und der
alemannisch-alpinen Almwirtschaft hat einige wichtige Termini
gemeinsam, obschon in dem wei­ten Zwischenland von dieser
Wirtschaftsform nichts bekannt ist und die Bedingungen für sie auch
sehr schlecht sind. Ich habe die Frage, wie dies möglich war, in einer
Besprechung von Eduard Kolb, Alemannisch-nordgerma­nisches Wortgut, im
AfdA. 70 (1957/58), S. 147 f., erörtert und die Antwort da schon in
derselben Richtung gesucht wie im Falle der Felszeichnungen (vgl. Kl.
Schr. I, S. 321 f.).
Es ergab sich mit großer Wahrscheinlichkeit, daß das letzte
Indogermanisch dort gesprochen wurde, wo die Forschung seit langem die
Heimat der west-oder restindogermanischen Teilvölker suchte: im
nördlichen und auch östlichen Mitteleuropa, und daß sie meinen
„Nordwestblock", oder zum mindesten seine größten Teile, einschloß.
Jedoch ist in ihm in allen seinen Teilen ein nichtindogermanisches
Substrat erkennbar, und in seinem Südwestteil tritt dies so stark
zutage, daß wir in ihm entweder mit einer sehr späten oder aber nur
einer oberflächlichen Indogermanisierung rechnen müssen, Es ist jedoch
auch unerweislich und auch sehr unwahrscheinlich, daß das
Indo­germanische in den übrigen - den östlichen - Gebieten, in denen
es noch nach der Ablösung der letzten größeren Teilgruppen
fortbestand, urautochthon gewesen ist. Ich erinnere nur daran, daß das
nichtindogermanische System der ur-/ar-Namen sich um den Kernraum der
indogermanischen „alteuropäischen Hydronomie" zum mindesten im Norden,
Westen und Süden herumgelegt und seine Mitte an jene verloren haben
wird. Wenig­stens im Westen müssen wir auf jeden Fall einer starken
Beimischung neu hinzugekommener fremder Elemente sicher sein. Auch im
übrigen war das letzte Indogermanisch keine Einheit mehr, sondern
dialektisch sehr zerspalten und auch, soweit erkennbar, ohne eine
Fortentwicklung, die es als Einheit erweist. Es fand seinen Untergang
aber nicht durch die Auflösung in selb­ständig werdende Untergruppen,
sondern erlag am Ende vielmehr zweien seiner früher abgespaltenen
Teile, im Osten dem Germanischen, im Westen dem Latein. Welche
Bedeutung der baltischen Gruppe dabei zugekommen sein mag, wird wohl
dunkel bleiben.
Es bleibt nun noch zu erörtern, was wir über die Zeit der vielen
Ereignisse, die mein Thema berühren, erschließen können. Wann sich die
ersten Gruppen vom indogermanischen Grundstock trennten, liegt im
Dunkeln. Später als um 2000 vor Christus kann es aber kaum geschehen
sein. Denn es dauerte dann nicht mehr lange, bis wir im Osten und
Südosten auf die ersten Spuren indogermanischer Völker stoßen, und
spätestens um die Mitte des 2. Jahr­tausends tauchen dann auch die
ersten sprachlichen Zeugnisse auf (in Indien, bei den Hethitern und in
Griechenland). In die erste Hälfte des genannten Jahrtausends setzte
Krahe auch die Blüte seiner Hydronomie. Da das Aus­scheiden der
genannten großen östlichen Untergruppen dieser vorausgegangen sein muß
und die „a-Mode", das Wuchern des Vokales a, in ihr am stärksten
wirksam war, diese aber in der jüngeren Steinzeit und Bronzezeit
geherrscht haben muß (Kuhn, K. Z. 71, 1954, S. 143-161, = Kl. Schr. I,
S. 230-245), so wird Krahes zeitliche Zuordnung, die ja großen
Spielraum läßt, wohl richtig sein.
Etwa um 2000 vor Christus hilft uns aber die Vorgeschichtsforschung
noch in einer eigenartigen Weise mit einem wichtigen Datum. Kurz
vorher hatten sich Teile der sogenannten Schnurkeramiker - auch
Streitaxtleute genannt -im inneren Jütland inmitten der dortigen
älteren Bevölkerung festgesetzt, wahrscheinlich bald die Herrschaft an
sich gerissen und die Kultur der Riesen­steingräber zu Fall gebracht.
Dies gilt als der erste Einbruch von Indo­germanen in den
nordgermanischen Raum. In den östlichen Teilen Däne­marks, vor allem
auf den Inseln, wurden Riesensteingräber dagegen noch rund zwei
weitere Jahrhunderte angelegt, von etwa 2000 bis 1800, und erst dann
wurden auch diese Gebiete von schnurkeramischen Gruppen — die
größtenteils von der unteren Oder kamen - unterworfen. Die westliche
Grenze dieser jüngeren Riesensteingräber, die da, im ganzen von Norden
nach Süden, durch Dänemark zieht und kaum einmal von der Natur
ge­gebenen Scheiden folgt, fällt nun in einer so auffallenden Art mit
der Ost­grenze der ur-/ar-Namen zusammen, die in der Fortsetzung der
Borken-grenze (sich oben) nahe der Nordseeküste durch Holstein und
Schleswig nordwärts läuft (sieh die Kartenskizze in NoB. 59, 1971, S.
63), daß es kein Zufall sein kann. Waren nun diejenigen, die da in das
westdänische ur-/ar-Gebiet einbrachen, Indogermanen, ihre Nachbarn im
Osten aber keine, dann sind hier die Fron­ten vertauscht. Trotzdem
kann - und wird - es so richtig sein. Auch die meisten anderen
ur-/ar-Landschaften Europas sind ja indogermanisch ge­worden.
Entscheidend ist hier, wieweit dabei das ältere Namengut der
Land­schaft verschont blieb. Der Nordwestblock verdankt seine
ungewöhnliche Bedeutung für die Namenforschung dem nördlich der Alpen
seltenen Glück, daß mindestens seit seiner Indogermanisierung kein
Bevölkerungseinstrom und Sprachwechsel mit allen älteren Namen derart
aufgeräumt hat, daß von ihnen nur noch schwache Spuren blieben, und in
seiner südwestlichen Hälfte wurden auch schon die letzten
vorindogermanischen Namenschich­ten weitgehend geschont, während
östlich von ihm in den wilden Jahr­hunderten der letzten germanischen
Wanderungen, die weithin dazu führten, daß große Landschaften
zeitweilig nahezu menschenleer lagen, fast das ganze ältere Namengut
verloren ging. Begnügten sich die Eroberer im wesentlichen damit, sich
als eine neue Herrenschicht über die ältere Bevölkerung zu setzen,
dann konnte der alte Bestand an Namen auch dann zum größten Teil
er­halten bleiben, wenn der Unterwerfung die Annahme der Sprache der
neuen Herren folgte. So muß es im Südwesten des Nordwestblocks
wenigstens zweimal geschehen sein, sowohl als er indogermanisch wie
auch als er ger­manisch wurde, und in seinem Nordosten bei der
Germanisierung. Beide Male verschont wurde offensichtlich aber auch
die Bevölkerung im Westteil Däne­marks, wie beim ersten
Herrschaftswechsel ja schon die Ansiedlung der Eroberer zwischen den
alten Siedlungen bezeugt (sieh oben). Aber die alte Herrenklasse,
welcher die Riesensteingräber dienten, wurde natürlich zer­schlagen,
während sie in der östlichen Landeshälfte die Macht behielt und solche
Grabmäler weiter errichtete, bis dann andere Schnurkeramiker kamen und
allem ein Ende machten. Dies scheint mit der rohesten Gewalt geschehn
zu sein, so daß die alte Bevölkerung ausgerottet wurde oder aus dem
Lande floh und auch ihre Namen untergingen. Aber in der Zwischenzeit
baue sich die Grenze zwischen den beiden Landeshälften gefestigt, so
daß sich an ihr nun starke Reste der älteren Namenschichten im Westen
und die jüngeren Riesensteingräber im Osten gegenüberstehn. So wird
die eigenartige Grenze, die da hervortrat, zu erklären sein.
Die westdänischen ur-/ar-Namen bilden eine Brücke zwischen den west-
(und süd-)europäischen und den nicht seltenen norwegischen. Es
schließen sich ihnen in dieser Funktion aber auch einzelne weitere
sehr alte und weil verbreitete Namen und Bildungsarten an, so vor
allem Dubr- (Dover) und Bildungen mit einem -st-Suffix. Die ersten
reichen in Norwegen bis zum bekannten Dovre-fjell und die zweiten bis
zu der Insel Alsten (alt Alo,st), 300 km nördlich Drontheim.
Bleibt in der Erklärung der Grenzen zwischen ur-/ar-Namen und jüngeren
Riesensteingräbern in Dänemark auch manches ungesichert, so ist doch
klar, daß diese schon von etwa 2000 bis 1800 vor Christus bestand, und
also das ur-/ar-System spätestens damals schon da war, und es ist sehr
wahrscheinlich, daß die Indogermanen da, wie längst angenommen, schon
im mittleren Norddeutschland standen und auch nach Dänemark
übergegriffen hatten. Außerdem warnt es uns, einseitige Namengrenzen,
d. h. solche, die zwar unbestreitbar sein können, aber doch nur von
der einen Seite her als solche bestimmbar sind, ohne weitere Argumente
als alte Sprach- und Völkergrenzen zu nehmen. Denn es kann ja sein,
daß die Zerstörung des älteren Namen­bestandes auf der Gegenseite
einmal an dieser Linie halt gemacht hat. (Vgl. zu diesem Fragenkreis
Abh. der Mainzer Ak. 1963, S. 546 f. u. 548, = Kl. Schr. III, 257 u. 259.)
Aus dem großen Mittelteil des zweiten vorchristlichen Jahrtausends
weiß ich keinen zeitlichen Anhaltspunkt zu nennen, der mein Thema
angeht. In das letzte Jahrtausend vor Christus fällt nach dem Zeugnis
der Boden­fundc die Entstehung der Unterweser-Aller-Grenze zwischen
dem schon germanischen Nordosten und dem noch nicht germanischen
Nordwestblock (sieh Westf. Forsch. 12, S. 23 f. = Kl. Schr. III, 140
f.). Um 1200 sollen dann die großen Wanderungen erfolgt sein, welche
die größten Teile der Illyrer, Veneter und Italiker in ihre späteren
südeuropäischen Sitze brachten. Dies wird aus Kulturbewegungen
geschlossen, welche die Grabungsforschung ver­folgen kann. Doch kann
hier in eins genommen sein, was sich durch lange Jahrhunderte hinzog.
Wollen wir zum Vergleich die Schicksale der großen ostgermanischen
Stämme in unserer Völkerwanderung nur mit der Hilfe der Funde
rekonstruieren, dann müssen wir scheitern. Auch von der Einwande­rung
der Etrusker in Mittelitalien, die für mich als ein terminus post quem
für die Festsetzung der Umbrer in Etrurien Bedeutung hat (sieh oben),
scheinen wir mit einiger Sicherheit nur behaupten zu können, daß sie
Gründung Roms (um 750) um eine Weile vorausgegangen sein muß.
Die gemeinsamen Neuerungen des Lateinischen und Germanischen sind
derart groß und mannigfach, und sie wirken zum Teil so jung, daß ich
nicht daran glauben kann, daß die Verbindungen zwischen ihnen schon um
1200 vor Christus oder wenig später zerrissen. Ich sehe auch nichts,
was zu dieser Annahme zwingen kann. Da die Römer selbst noch die im
Kern germanischen Kimbern und Teutonen, die um 100 vor Christus in
ihre Welt hereinbrachen, damals uneingeschränkt für Kelten hielten, so
könnten unter den Galliern, die fast 300 Jahre vorher bis nach Rom
gelangten, auch Ger­manen und Scharen aus dem namenlosen Volk des
Zwischenlands gewesen sein, und von ihnen schlugen sich womöglich
manche in Mittelitalien nieder und gingen in den Römern oder anderen
Italikern auf. Auf eine ähnliche Weise mag in den Jahrhunderten vorher
noch allerlei anderer indogerma­nischer Zuzug aus dem Norden in den
Süden gekommen sein. Vielleicht ist es so, daß das Einströmen
indogermanischen Bevölkerungsüberschusses nach Italien fast ein
Dauerzustand war, der bis ans Ende unserer Völker­wanderung währte und
nur in der langen Periode der starken römischen Militärmacht
unterbrochen war.
Da eine sorgfältige Suche noch manche Spuren westindogermanischer
Mundartspaltung ans Licht bringen konnte, bin ich auch überzeugt, daß
lat. fluere ,fließen' sein f- statt p- sowie das lateinische Pronomen
hic und das Verb habe:re ihr h- statt k- einem Vorläufer der
germanischen Laut­verschiebung verdanken. Am Stamme hab- hatte neben
den anderen italischen Sprachzweigen augenscheinlich auch das
Illyrische teil. Denn die Hesych-Glosse ill. abeis = ékheis bedeutet
doch wohl nicht ,Schlangen', sondern das viel geläufigere ,du hast'.
Nun bleiben noch die Fragen zu erörtern, wie es mit dem letzten
Indo­germanischen zu Ende ging und wann und wo das geschah. In meinem
ersten Aufsatz zu alledem, was mit dem Nordwestblock zu tun hat
(Westf. Forsch. 12, 1959, S. 5-44), kam ich zu dem Ergebnis, daß das
Germanische während des letzten Jahrtausends vor Christus lange vor
der Urstromniederung von Unterweser und Aller, das damals auch eine
tiefe Kulturscheide war, fest­gelegen hat, auf den Flügeln an der
Nordseeküste und durch Thüringen und Hessen hindurch aber schon so
früh gegen Westen und Südwesten durchstieß, daß Caesar um die Mitte
des letzten vorchristlichen Jahrhunderts sowohl in Belgien wie im
Oberelsaß auf germanische Stämme oder Heere traf, während in den
dazwischenliegenden Landschaften nach dem Zeugnis der Namen noch
indogermanische Restmundarten gesprochen sein müssen. Diese Gebiete
waren in den Augen der Römer in ihrer Zeit zwar auch schon einheitlich
germanisch, doch war die Germanisierung in den Jahrzehnten der
Römerkriege noch schwerlich weit gekommen. Es waren vielleicht gerade
diese zerstörenden Kriege, die über die Germanisierung des Kerns der
rechts­rheinischen Teile entschieden, während die Gebiete links des
Rheins der all­gemeinen Romanisierung zum Opfer fielen (sieh Kossack
in Hackmann, Kossack, Kuhn, Völker zwischen Germanen und Kelten, S.
104). Doch haben Restmundarten des letzten Indogermanischen in den
inneren und zumal den gebirgigen Landschaften rechts des Rheins
vielleicht noch Jahrhunderte fortvegetiert, bis es mit ihnen ganz
vorbei war. So endete dies letzte Indo­germanisch nicht durch die
Entwicklung neuer Untergruppen, sondern als die Beute zweier der
längst mächtig und selbständig gewordenen und schon weit von ihr
fortentwickelten Tochtersprachen, die aus ihr hervorgegangen waren.'



> It would seem that the word complex belonged to these two languages,
> which therefore will be the same language. Also the geographical
> extension of the word complex fits the geographical distribution of
> the two languages as described by Schrijver and Kuhn. Uralic it
> ain't, or UEW and others would have found ways of relating them
> derivationally within that language family.


Torsten