Re: Visigothic kings - Gothic names

From: tgpedersen
Message: 48682
Date: 2007-05-21

Hans Kuhn
DIE ALTEN GERMANISCHEN PERSONENNAMEN DES TYPS HARISO
[Indogermanica, Festschrift für Wolfgang Krause,
Heidelberg 1960, S. 63—71]
"
Dieser Beitrag knüpft mit Fug an die Erörterung unserer alten Rufnamen
mit -s-Suffixen an, die Wolfgang Krause in seine Untersuchung der
Runeninschrift von Beuchte eingefügt hat (Wolfgang Krause und Franz
Niquet, Die Runenfibel von Beuchte, Kr. Goslar, Nachr. d. Gött. Akad.
1956, Phil.-hist. Kl. Nr. 5, S. 113—121). Auf der Suche nach
vorgermanischen Ortsnamen im Nordwesten Deutschlands und auch den
Niederlanden war ich oft auf offenkundig alte Bildungen mit solchen
Suffixen gestoßen, zweifelte wegen ihres vielfachen Gebrauchs in
Appellativen und Personennamen zunächst jedoch daran, daß es gelingen
könnte, aus ihnen einen vorgermanischen Grundstock auszusondern. Meine
Aufmerksamkeit war auch schon auf so viele Bildungsarten gelenkt, die
in meinem Raume noch nie untersucht und meistens nicht einmal
gesammelt waren — Namen auf -andr-, -ei, -k- und vor allem -st- und
dazu mit dem Anlaut P- und anderem vorgermanischen Lautstand —, daß
ich mich beschränken mußte. Bald aber wurde mir klar, daß es in unserm
Nordwesten kaum einen Ortsnamen mit einem -s-Suffix gibt, der
eindeutig germanisch ist, wohl aber viele mit nahen Verwandten in den
sicher älteren Namenschichten, besonders den -st-Gebil-den (Segese
neben Segeste und dgl., vgl. unten) und auch in der weiten Fremde.
Zugleich brachte mir die Darstellung Krauses, von der ich ausging,
obschon sie die Ortsnamen nicht berührt, doch eine solche Klärung des
Grundproblems, daß ich mich jetzt nicht mehr scheue, auch diese
Bildungen in die Untersuchung einzubeziehn. Ich habe seitdem alles,
was mir begegnete, notiert, habe es jedoch, da es lückenhaft blieb, in
meinen ersten Aufsatz über diesen Stoff (Westfälische Forschungen 12,
S. 1—44 [hier 115 ff.]) nicht aufgenommen.
Hier sollen jedoch nicht diese Ortsnamen, sondern die Rufnamen mit dem
-s- im Vordergrund stehn. Auf sie fällt von jenen so viel Licht, daß
ich glaube, es klärt auch ihre älteste Geschichte, jedoch auf eine
Art, die Krause kaum erwartet haben wird. Ich gehe dabei einerseits
davon aus, daß es, wie vor allem der Anlaut P- verrät, auch unter
unseren Rufnamen einst eine Menge vorgermanische gegeben hat (hierüber
anderswo), und auf der anderen Seite von der Beobachtung Hans Krahes,
daß die alten illyrischen Orts- und Personennamen großenteils
auffallend ähnlich gebildet sind, mit denselben Stämmen und Suffixen
auf beiden Seiten (Lexikon altillyr. Personennamen, Hdlbg. 1929, S.
139—150). Dasselbe gibt es bei uns in den Namenschichten, deren
vorgermanische Herkunft sicher oder wahrscheinlich ist. Die
Bildungsart der Namen ist dabei in den beiden Völkern im wesentlichen
gleich. Es sind nichtzusammengesetzte Namen mit vielerlei Suffixen.
Ich schließe hieraus nicht, daß es bei uns ein illyrisches Substrat
gegeben hat. Die Verwandtschaft beruht wahrscheinlich auf dem Einfluß
einer dritten Gruppe, und zwar, wenn auch wohl nur mittelbar, einer
nichtindogermanischen. Sie wird beiden Völkern — und wohl auch anderen
— den Grundstock oder wenigstens einen Teil ihrer nur eingliedrigen,
nicht aus zusammengesetzten verkürzten Rufnamen geliefert haben, dazu
auch viele Ortsnamen, die diesen gleich oder ähnlich sind.
Ich bringe nun einige Beispiele für die enge Verwandtschaft deutscher
Orts- und Personennamen fremden Ursprungs, ähnlich der, die Krahe im
Illyrischen erkannt hat. Zur Fulda fließt eine Pfiefe, alt Phiopha, im
alten England hieß ein Kleriker Peufa, ein anderer Peuf. Neben dem
altdeutschen Mannesnamen Pfullo steht der norddeutsche Ortsname Polle.
Krahe nennt unter den illyrischen Gleichungen Aigestes (PN) und
Aigesta (ON), bei uns haben wir den Cherusker Segestes und im Lande
dieses Stammes das Dorf Segeste (s. Hildesheim), alt Segaste Seguste.
Wir haben den Stamm Am(b)r-in alten Flußnamen und dgl. (Ammer Emmer
Amrum Ammerland usw.) und mit dem fremden -k-Suffix als Namen 6
nordwestdeutscher Ortschaften (alt Ambriki Embriki und dgl., jetzt
Emmerich Emmerke u. a.), beide Bildungen aber zugleich als alte
Männernamen (Ambri in der wandalischen Sage und Ambricus Ambrico, ags.
Emerca, unter anderm in der Harlungensage, heute ebenfalls Emmerich).
Eine eigenartige Gruppe solcher Doppelgänger ist unter den
altdeutschen Männer- und Frauennamen mit einem -nz-Suffix, die Krause,
a. a. O., S. 117, berührt. Sie haben neben sich die bekannten
vorgeschichtlichen Flußnamen mit -nt-Suffixen. Krahe, der sie am
ausführlichsten erörtert hat (Beitr. z. Nf. 2, S. 114 ff.), zählt
ihrer auf deutschem Boden etwa 20 Namen mit 15 verschiedenen Stämmen.
Es gibt aber mehr davon, und wir dürfen auch nicht allein auf die
Gewässernamen sehn. Hinzu kommen mindestens noch Liebenz, Gut nah der
Werra bei Obersuhl, und Lupnitz, zwei Dörfer an der Nesse östl.
Eisenachs, alt Lupentia Lupence u. a., dazu die Scharnitz (der
Scharnitz-Paß in den Bayrischen Alpen), alt Scarinza silva, und Tölz,
alt Tolenze, und dann Mainz, alt Mogontia Maginza u. a. (unsere Form
geht nicht auf Moguntiacum zurück), samt wahrscheinlich Dürrmenz, Ort
an der Enz unterhalb Pforzheims, alt Turmenza Durminzi u. a., Ems (Bad
Ems an der Lahn), alt in Aumenzu (lat. verdreht zu in avio monte —
vgl. Krahe, Beitr. z. Nf. 4, S. 116), und Urmitz, nw. Koblenz, lat. in
Auromuntio. Von diesen insgesamt 23 verschiedenen -nt-Namen haben
mindestens 8 Parallelen unter unseren alten Rufnamen. Ich stelle die
Paare zusammen und setze dabei von den überlieferten Formen diejenigen
ein, in denen der Zusammenhang am deutlichsten wird.
Ortsnamen Personennamen
Alantia, Alancer marca
(die Elz, zum Neckar) Alanzo m.
Leubentz (Liebenz, s.o.) Liubinzo m.
Lupence (Lupnitz, s.o.) Lopenzo m.
Maginza (Mainz) Maginzo m., Maginza f.
Pagenza (die Pegnitz, zur Regnitz) Pagenza f.
Radantia, Ratinz-gowe (die Regnitz) Ratinza f.
Scarinza (Scharnitz, s.o.) Scarenza f.
Werinze (die Wörnitz, zur Donau) Werinzo m.
Zu diesen Paaren kommt noch die Erenz (zur Sauer, Luxemburg), alt
Erinza, neben dem Mannesnamen Erinzo, und vielleicht die Sulz (zur
Altmühl), alt Solanza Solenze, neben Swolinzo auf der anderen Seite,
und auch die Regnitz, späterer Name der Rednitz, neben den
Personennamen Reginzo m. und Reginza f. Außerdem kann der Rufname
Sigunzo (auch Siganto und Siginta) zu dem keltischen Ortsnamen
Segontia und Segontium gehören, der bei uns in Segnitz (am Main sö.
Würzburg, alt Segenitz) stecken mag. Es kehrt dann fast die Hälfte
unserer mit -nt- gebildeten Fluß- und Ortsnamen in alten deutschen
Männer- und Frauennamen wieder. Das ist weit mehr, als der Zufall
hervorbringen kann. Zählen wir zu diesen zweiten noch die 6 Namen
derselben Bildung, die wohl lateinischer Abkunft sind — Custanzo =
Constantius, Leonzo Leonza = Leontius Leontia, Libenzo = Libentius,
Lorenzo (auch Lorentio) Lorenza = Laurentius Laurentia, Morinzo =
Maurentius und Wegalenzo Wegelenzo (auch Wegelantius Vegelinto) =
Vigilantius (der Mannesname Maginzo läßt sich sogar sowohl mit Maginza
— Mainz wie mit lat. Magnentius verknüpfen) —, dann können wir in bald
der Hälfte aller uns bekannten Personennamen das -nz- aus
nichtgermanischem -nt- erklären. Ich erwäge, ob von ihnen etwa diese
ganze Bildung ihren Ausgang genommen hat. Der Weg, den das gehen
konnte, liegt offen. Namen wie Liubinzo und Ratinza konnten heimischen
Namenwörtern zugeordnet werden, und es war leicht, ihnen Godinzo,
Ri:hhinzo, Ruodinzo, Waltinzo, Wolfinzo und ihresgleichen
nachzubilden. Erinzo, Maginzo (Reginzo) und Werinzo dagegen sahen wie
Ableitungen von den geläufigen ersten Namengliedern Arin-, Magin-
(Ragin-) und Warin- aus. Sie mögen zunächst zu den analogen Ellinza
(Bach, D. Nk. I, S. 106) und Theginzo (zu aljan- und þegan-) wie auch
Berinza Bernizo (zu bern-) geleitet haben, vielleicht dann aber auch,
im Bunde mit Namen wie Lanzo und Liuzo, in denen ein -s-Suffix an
einen Stamm mit Dental im Ausgang getreten ist (Land-so, Liud-so), zur
freien Anfügung von z an alle möglichen Stämme. Die vermuteten
Ausgangsgruppen sind fast ganz auf das oberdeutsche Sprachgebiet
beschränkt, in dem -nt- zu -nz- geworden ist, die Namen lateinischer
Herkunft (bis auf Wegalenzo, das auch in Fulda vorkommt) sogar auf die
alte Germania romana. Auch die fremden Fluß- und Ortsnamen auf -nt-
gibt es bei uns nur da, wo dies zu -nz- verschoben ist. In ihrem Räume
sind auch alle die mit ihnen verwandten Personennamen bezeugt, die
meisten sogar nur da. Norddeutschland hat allein an 2 oder 3 von denen
teil, die von heimischen Namenwörtern mit n im Auslaut gebildet sein
können — Meginzo (Reginzo) und Werinzo —. Diese hatten es wohl am
leichtesten, trotz ihrer hochdeutschen Lautform auch im Norden Fuß zu
fassen. Lopenzo ist nur aus Fulda bekannt und ist in ganz
Mitteldeutschland außer Wegalenzo und den genannten auch
niederdeutschen Namen der einzige der erörterten Gruppe. Das hängt
leicht damit zusammen, daß Lupnitz, dem es analog ist, der am
weitesten nach Nordosten vorgeschobene -nt-Ortsname ist.
Der einzige deutliche Unterschied zwischen den behandelten Namenreihen
ist die schwache Flexion der Personennamen gegenüber der starken auf
der anderen Seite. Sie ist mindestens in den Namen lateinischer
Herkunft sekundär (Custanzo = Constantius), kann dorthin jedoch von
den anderen entlehnt sein. Die Orts- und Rufnamen, die da, wie es
scheint, im übrigen gleich sind, können sich zueinander sehr
verschieden verhalten. Die ersten können aus den zweiten gebildet oder
entstanden sein, wie bei den Slaven in Massen und bei uns in
Siedlungsnamen von den Typen St. Peter und Burkhards und vor allem in
Hofnamen der späteren Zeit, ebenso jedoch die zweiten aus den ersten,
wie wir es etwa in den Namen vieler Geschlechter und Familien haben.
Sie können aber auch unabhängig voneinander aus Appellativen und
Adjektiven gebildet sein, wie womöglich die oben genannten Pfullo und
Polle aus dem Wort, das im Niederdeutschen als poll „Wipfel, Schopf"
und dgl. fortlebt. Dem Altgermanischen muß solche gleiche oder
ähnliche Namengebung auf beiden Seiten ungewohnt gewesen sein,
ausgenommen da, wo der Weg zum Rufnamen über einen Stammesnamen
gegangen ist (*haruþ- „Hard, Wald" und häufiger Waldname — die
Ha-ruden, Stämme — *Haruþ als Mannesname). Der Norden hatte kaum
andere als ein paar solche, und ähnlich war es wohl einst bei uns, von
den übernommenen fremden Namen abgesehn. Doch hat unser -ing- schon
früh begonnen, über Einwohnernamen Brücken zu schlagen.
Ich kehre nun zu den Namen mit -s-Suffixen zurück. Aus dem Dargelegten
ergibt sich ein Weg zur möglichen Klärung der Herkunft auch für sie.
Stimmen viele Personennamen dieser Bildung in ähnlicher Art wie die
angeführten mit Ortsnamen überein und gibt es obendrein auch bei ihnen
klaren Zusammenhang mit dem Namengut anderer Länder, dann dürfen wir
sicher sein, daß auch sie eine Wurzel — wenn auch vielleicht nicht die
einzige — außerhalb des Germanischen haben. Ich lasse die Namen
beiseite, in denen vor dem -s- kein Vokal bezeugt oder erschließbar
ist, schließe aber auf der anderen Seite die, deren -s- nicht Suffix,
sondern ein Teil des Stammes zu sein scheint, nicht aus. Als erstes
versuche ich, die älteste gesicherte Schicht der Rufnamen unserer
Bildung zusammenzustellen, und stütze mich da auf W. Krauses mehrmals
genannte Arbeit. Ich schreibe dieser Schicht die Namen zu, die
entweder vor 800 oder aber in mehreren Zweigen des Germanischen
überliefert sind. Oft geht beides Hand in Hand. Es ergibt sich so eine
kleine Gruppe von 9 Namen. Wo ihnen Ortsnamen zur Seite stehn, sei es
bei uns oder draußen, oder auch fremde Personennamen, setze ich sie
gleich dazu.

Agis-, in ahd. Egisa f. und wohl auch dem Ortsnamen Agasinga (Aising
bei Rosenheim) und in ags. Egese samt Egsan-ford. Daneben das Dorf
Eggese, sw. Bremen, 1617 Heggese, bei den Kelten die Personennamen
Agisius Agisiaca Agisilus Agisinus und bei den Römern Agasius
Agesonius Agisenna Agusius Agussius. Vgl. auch, mit andren Suffixen,
die Flußnamen Agira (die Eger u. a.) und Agista (die Aist u. a.). Es
ist deshalb zweifelhaft, ob unsere Egisa und Egese zu got. agis
„Schreck" gehören.

Alis-, in ahd. Elis m. und Elisa f., dazu Elisan-heim und Elisin-dorf,
altfr. Eliso und ags. Elesa (im westsächsischen Königsstammbaum, samt
Elsa im Widsid — vgl. Else im Nibl.), dazu bei Ammianus (4. Jh.) ein
Alisa, der, wohl wegen seines Schneids, als Germane gilt. In Ortsnamen
ist Alis- häufig und sehr alt, angefangen mit dem Römerlager Aliso an
der Lippe und dem von Ptolemäus genannten Ali:sus und hin bis zur
Insel Alsen (Als), und auch weit verstreut in sicher nicht
germanischen Bildungen (Alisontia, häufiger Flußname, Alesia und
Alisincum in Frankreich, Alesiai und Ale:sion in Griechenland), dazu
als Rufname bei den Illyrern Alasinius (und den Römern Alsius). Man
stellt die meisten dieser Fluß- und Ortsnamen zu idg. *alis- „Erle".
Das liegt nah, wäre jedoch überzeugend nur dann, ständen die vielen
andern indogermanischen Baumnamen in solchen alten Bildungen an
Häufigkeit und Verbreitung nicht weit nach. Der Abstand ist jedoch
sehr groß und keineswegs allein daraus zu erklären, daß die Erle mehr
als andere Bäume an Wasserläufen wächst. Es sind auch nicht nur
Gewässernamen, die Alis- enthalten, und was haben gar die
Personennamen mit der Erle zu tun? Ebenso verbreitet wie Alis- ist in
den frühen Namenschichten Al-.

Amis-, in ahd. Amisa f. (genannt 774) und Emisa f., und auf der
anderen Seite vor allem in dem Flußnamen Ems, der bei uns mindestens
5mal vorkommt. Die Ems, die zur Nordsee fließt, hieß bei den Römern
Amisius Amisia Amasios. Außerhalb Germaniens scheinen die
kleinasischen Städtenamen Amisus und Amasia sowie der italische
Flußname Amasenus (Latium) verwandt. Die Ilias nennt einen Karer
Amisodaros. Auch ohne -s-Suffixe ist Am- in Ortsnamen weit verbreitet
(Amana, die Ohm, *Ami, die Eem, 3mal in den Niederlanden, Amantia, in
Frankreich und Italien, usw.).

Awis-, in westgot. *Awisa und alts. Ewusa Evesa, später Ewese Evese.
In Ortsnamen ist die Bildung bei uns nicht sicher, doch kann auf der
einen Seite Evesen, bei Bückeburg (dicht dabei Petzen, ein
vorgermanisches Petese), und auf der andern die niederländischen Aves,
zu Deventer, samt Aves-veld und Aves-maet, und vielleicht auch Ovese
Oves, bei Elburg, dazugehören. Doch ist bei allen die Überlieferung
spät. Sichere Entsprechungen gibt es dagegen auswärts: Avesa (jetzt
Avoize, Dep. Sarthe), Avisnae (jetzt Aves-nes), 2mal in Frankreich,
Avisio portus in Ligurien und Avesica in Istrien. Auch Aw- ist im
alten Namenschatz mit vielen Bildungen verbreitet.

Gawis-, in ahd. Gawiso m. (8. Jh.) und Gewis Giwis im westsächsischen
Königsstammbaum (ein Enkel Elesas). Beda nennt Gevissae Gevissi als
alten Namen der Westsachsen. Vgl. den Matronennamen Gavasiae, lat.
Gavisidius, und kavises in einer Inschrift bei Matrei.

Haris-, in erulisch Hariso m. und urnord. Hariso f. samt dem
Matronennamen Hariasa. Als Ortsname in Herisi Herese, Alten- und
Neuenheerse, sö. Paderborn, dazu wohl auch in Großen- und
Kleinenheerse, n. Minden. Plinius nennt die Städte Carisa (auch
Carissa) in Spanien und Carusa in Paphlagonien, Holder ein Carasa
(jetzt Garris) in den Pyrenäen, außerdem aber auch die Männer- und
Frauennamen Carasus Carausius Carisius Carisia und den Göttinnennamen
Carasova, während Krause auf kelt. Coriso Corisso Corisius Corisillus
als Parallelen weist (a. a. O., S. 113).

Rimis-, in westgot. *Rimisa und alts. Rimis. Vgl. den Ort Remesiana
Remisiana in Mösien und die Landschaft Rimesica in Galatien, und auf
der andern Seite Ramis- (s. unten).

Salis-, in westgot. *Salisa, ahd. Saliso und altschwed. Salsi. Dazu
dann das Dorf Seelze (s. Hannover), alt Sellėse Selse, mit einem
wüsten Salseken und dem Gaunamen Selessen, ferner Bad Salzig (bei
Boppard), alt Salisio, und die Sels (zum Rhein bei Oppenheim), alt
Salusia Salisa u. a., sowie die Stammesnamen Salassi, in Oberitalien,
und Salesici, Teil der makedonischen Päonier, und schließlich die
keltischen Personennamen Salasius Salisius Salassus.

Walis-, in ahd. Valisan (genannt 741) und Welisunc und ags. Wæls,
Stammvater des Sagengeschlechts der Weisungen (altn. Vo,lsungar). Auf
einer merowingischen Münze steht Vallesi. In Ortsnamen scheint der
Stamm nicht sicher zu sein, obschon Norddeutschland und die
Niederlande eine Menge Namen haben, die ihn enthalten können (Wals,
Walsen, Walsum, Walsede, die Welse, Weisem, Welsum und 2mal Welsede).
Auch außerhalb Germaniens scheint er auf Personennamen beschränkt zu
sein: kelt. Valisius Vallesia, bei den Römern die Valerii mit dem
Ahnherrn Volesus und die Volusii (dazu Volasius Volesius Volesedius
Volosius Volusus usw., alles wohl etruskischer Herkunft).

Dies sind die Rufnamen auf -is- (-as- -us- usw.), deren hohes Alter am
besten gesichert scheint. Sie alle haben Parallelen in Ortsnamen
sowohl Deutschlands wie der alten Welt und auch in nichtgermanischen
Personennamen, oder wenigstens in einer oder zwei dieser Gruppen. Das
geht weit über das hinaus, was auf den Zufall abgeschoben werden kann,
so nah das hier und da, besonders bei Agis-, liegt (vgl. hierzu
unten). Die Gruppe verrät Zusammenhang mit den alteuropäischen
Namenschichten auch in dem starken Übergewicht des Stammvokals a, in
der häufigen Stellung dieses a im Anlaut (in 4 von 9 Stämmen), in der
Verwandtschaft mit vielen alten Flußnamen und mit den Bildungen auf
-st-. Die a in unseren Namen sind, wenn sie mit den gebrachten fremden
zusammenhängen, wohl alle schon vorgermanisch. Nur bei Haris- und
Walis- steht in diesen neben a auch o. Die -st-Namen habe ich Westf.
Forsch. 12, S. 11—16 [124—130] erörtert. Unter ihnen sind Agist-,
Alist-, Harist-/Karist- und Remist-, dazu wahrscheinlich Amist- und
Solist-. Von den 9 besprochenen -s-Namen haben dann 6 unter den -st-
Entsprechungen. Für vorgermanische Herkunft unserer Namen fällt auch
ins Gewicht, daß ihnen außer Harist- im Verhältnis zu den auswärtigen
Parallelen die Lautverschiebung fehlt (g in Agis- und Gawis-).
Anlautend k- aber ist bei uns so spät zu h- verschoben, daß es in den
übernommenen Namen und Vokabeln nur selten erhalten ist. Dafür, daß
Agis- und Walis-, die so ganz germanisch aussehn, zu dieser selben
alten Schicht gehören, spricht auch stark, daß sie als Personennamen
ebenso frühzeitig untergingen wie die anderen (vgl. S. 71).
Ich gehe nun an die übrigen Rufnamen unserer Bildung, denen die
Bezeugung — an der ja viel Zufall hängt — allein noch kein hohes Alter
sichert und deren Existenz oder ursprüngliche Stammform uns
zweifelhaft bleibt. Die meisten von ihnen, die da im Mittelalter
genannt sind, haben an den Merkmalen, die die erörterte Gruppe ergab,
ebenfalls Anteil, wenig oder viel. Ich gehe kurz auf sie ein.

ABis-?, in ahd. Hebesa f. und ags. Ebusa m.; auch einige der unter
Awis- genannten Namen können hierher gehören. Daneben lat. Abisinius
und der Ortsname Ebs (Bez. Kufstein), alt Ebesa Episas u. a. Vgl. auch
die Absontia in Flandern und schwed. mdal. afse „kleiner Bach".

Anis-? in westgot. *Anisa, dazu dem Matronennamen Anasa- Anesa-min-,
besser noch in Ortsnamen bezeugt. Da sind Ober-Ense (s. Corbach), alt
Anasi Ænesi, und Ensen (zu Zündorf, nw. Köln), alt Eneso, dazu wohl
(Nieder- und Ober-)Ense (sw. Soest) und Ens, Teil der Insel Schokland
(Zuidersee), weiter Anesin, bezeugt in Frz.-Flandern, und dann die
Enns, zur Donau, alt Enisa. Weitere Verwandte in Orts- und
Personennamen bei Holder (I, S. 153—157).

Badis-? in westgot. *Badisa; vgl. das in Frz.-Flandern genannte
Bate-sanbroch und auch lat. Badusius.

Buris-? in dem vermuteten *Buriso statt Buirso auf der Beuchter Fibel,
von dem Krause ausging. Für diese Namensform, mit einem Vokal vor dem
s, fand ich Parallelen nur in einem vermutlich keltischen Seius
Buresis (Holder I, S. 639) und dem von Dittmaier (Siedlungsnamen und
Siedlungsgeschichte des Bergischen Landes, S. 150) als Grundform des
Bachnamens Börsch erschlossenen *Borisa, weit verbreitet dagegen das
kürzere Burs-. Da ist der alte Gauname Bursi-bant, an der mittleren
Ems, dann Burst und Bors-beke, Ostflandern, alt Bursitia und
Bursit-bace, Beurze, zu Winters-wijk (Gelderland), alt Bursion,
Borsum, bei Papenburg, alt Bursine, Börßum, s. Wolfenbüttel, alt
Borsne, u. a. m. Die genannten sind durchweg alte Bildungen, und die
ersten Zeugnisse so früh, daß wir mit Ausfall eines Vokals vor dem s
nicht rechnen dürfen. Es scheint mir deshalb gewagt, *Buris- als
Stammform anzusetzen, auch in der Inschrift. Dagegen spricht auch der
römische Mannesname Bursius. Buirso kann ebenso einem *Bursio wie
einem *Buriso entsprechen (vgl. die alte Ortsnamenform Bursion).

Manis-, in fries. Mense und ags. Mensingtun (jetzt Menston,
Yorkshire), dazu nd. Mensing. Die Erhaltung des n vor s in den
englischen und friesischen Namen setzt voraus, daß zwischen ihnen ein
Vokal gestanden hat. Dazu die Ortsnamen Meensen (nö. Hann.-Münden),
alt Manisi und die unbekannten süddeutschen Mannisi und Menesan.

Ramis-? in ahd. *Ramiso, nur von Graff genannt, wohl aus Ramisin-tal
(Ramsenthai bei Miesbach) gezogen, und vielleicht auch schon dem
chattischen Ramis f. Daneben die Rems, zum Neckar, und eine Ramesa in
der Pfalz, sowie die -st-Bildungen Ramistanius (PN) und Ramista, Ort
in Pan-nonien, samt vielleicht Reemst, zu Otterloo (Gelderland).

Tilis-, in ags. Tilisi (9. Jh.). Vgl. Telesia, Stadt in Samnium.

Trabis-, in ahd. Trabesan (genannt 861). Vgl. den ags. Flußnamen
Træfesing.

Wandis-? in westgot.*Wandisa. Etwa mit dem Flußnamen ags. Want-sumu
(jetzt Wantsum) und nd. Wandse (in Hamburg) verwandt? Der zweite ist
aber wohl eine Rückbildung aus Wandsbek, alt Wantesbeke.

Waris-, in ahd. Werts und alts. Wiris, und mehrfach in Orts- und
Gewässernamen: die Werse, zur Ems, mit dem Ort Werse, alt Werisi,

Wersen, nw. Osnabrück, alt Werisun, und der Wörsbach mit Werschau, sö.
Limburg, alt Werisaha, dazu eine Reihe Namen, in denen nur die Form
Wers- bezeugt ist. In Frankreich hießen 2 Flüsse Varisia (jetzt Varèze
und Varrize). Holder nennt außerdem die Varusa (zum Po, jetzt Versa),
eine Varisa bei Valkenburg (Ndl.), 2 Orte Varisiacum (in Belgien und
Luxemburg) und die Personennamen Varuso Varusius samt Varistus. Die
Form Warist- haben auch Werste, bei Oeynhausen, und der Stammesname
Varisti (in Bayern). Krause trennt alts. Wiris von ahd. Werts, aber
vor erhaltenem i ist a im Altsächsischen oft zu i geworden (biki
„Bach", stidi „Statt" usw.).

Witis-? in westgot. Witisa und auch fries. Wietze Witz samt dem
Ortsnamen Wettesingen, s. Warburg, alt Wittisungan Witesungen. Vgl.
Widesen-dorp (Dobenecker I) und spätantik Vituso. Dazu vielleicht die
Wietsche, s. Solingen, früher Withse, mit Witzhelden (Withseleden),
während in der Wetschafi (zur Lahn) und Wetz Wetzlar (an der Lahn)
wohl ein *Watis- steckt (vgl. Ramis- neben Rimis-).

Von den Rufnamen auf -is-, die Krause heranzog, sind nun noch westgot.
*Aukisa und *Munisa, ahd. *Grewiso und Liubis und alts. Hagis und
Willis ungenannt. Ob die beiden gotischen je bestanden, ist
zweifelhaft (Munis- kann lat. Munisius sein). Hagis ist offenbar ein
Ha:-gis (= ahd. Ha:h-kis, Fö. I, S. 721), und Willis wohl das häufige
Willi-gis. *Grewiso ist aus dem Ortsnamen Greivisunga erschlossen, der
einen Gewässernamen oder dgl. enthalten kann. So bleibt noch ahd.
Liubis. Sein Leub- wirkt auf uns von all den Stämmen oder Wurzeln, die
den behandelten Suffixen vorauf-gehn, am vertrautesten. Hier scheint
die germanische Namengebung unbestreitbar. Sie ist es aber doch nicht.
Es ist auffallend, wie oft Leub- in der Frühzeit mit fremden Suffixen
verknüpft erscheint. Da sind (außer unserm Liubis) Leubaccus, Leubasna
Leubasnus, Leubastes (und Liebesta), Leubella, Leubinus und Liubinzo.
Einige von ihnen sind als fremde anerkannt. Auch slav. liubŭ „lieb"
bezeugt, daß das Wort nicht nur germanisch war. Darum kann auch Liubis
(wenn es kein Liub-gis ist) Fremden entlehnt sein.
In dieser zweiten Reihe der -is-Namen ist der Zusammenhang mit den
anderen herangezogenen Namengruppen zwar schwächer als in der ersten,
doch eine sicher germanische Schöpfung enthält auch sie nicht. Das
scheidet sie sehr von den oben berührten Rufnamen auf -nz- (und auch
denen auf -st-). Ich zweifle, ob die Germanen in der Frühzeit einen
einzigen solchen Namen mit unsern -s-Suffixen selber gebildet haben.
Daß die zweite Reihe auf die erwähnte Weise hinter der ersten
zurücksteht, mag zum Teil darauf beruhn, daß einige ihrer Glieder
nicht sicher sind, zum andern aber darauf, daß sie mehr Namen enthält,
die so begrenzt verbreitet waren, daß verwandte Bildungen uns entgehn.
Alle Personennamen der untersuchten Bildung sind, vom Niederdeutschen
und Friesischen abgesehn, nur in sehr alten Überlieferungsschichten
greifbar. Sie haben dies Schicksal, mitsamt dem Rückzug auf
Norddeutschland und Friesland, mit fast allen anderen Gruppen
vorgermanischer Rufnamen gemein, die einst zu uns gekommen sind, denen
mit P- im Anlaut und mit -st-, -nt- (-nz-) und auch -k-Suffixen,
soweit diese letzten stark flektiert sind (Typ Asik). Heute sind es
allein die Friesen, die solche Namen noch gebrauchen. Von dem, was
dann im Norden an Personennamen mit -s-Suffixen zutage kommt, geht zu
der hier erörterten alten Schicht wohl höchstens ein schwacher Strang.
Ich kann auf sie nicht eingehn, und auch nicht auf die vielen
gleichgebildeten Appellativa. Ich weiß, daß unter ihnen gut
germanische Bildungen sind, doch ist das kein Beweis, daß es bei den
Personennamen (und auch Ortsnamen) ebenso ist. Ihre eigene Geschichte
haben auch die Bildungen auf ein -s-, dem kein Vokal vorausging.
"

That was a rather long article about pre-Germanic names in -s-, so
I'll save the one on pre-Germanic names in -k-. Note that the names in
-k- and the one in -s- occur at the end of the Visigothic king list,
as would be expected for a 'low' name (only then were they accepted).


Torsten