[tied] Re: PNS

From: tgpedersen
Message: 46155
Date: 2006-09-20

And I ask permission for a short quote:
(Hans Kuhn: CHATTI UND MATTIUM)
"
Die von mir durchsuchten Quellen enthalten insgesamt rund 100
Wortstämme mit einer langen Tenuis von fremder oder ungeklärter
Abkunft. Eine genaue Zahl zu nennen ist wegen verschiedener störender
Faktoren nicht möglich. Die Gesamtzahl der Stämme dieser Art, die sich
aus allen Winkeln des Germanischen sammeln lassen, muß ein Mehrfaches,
wenn nicht gar Vielfaches sein. Doch sind darunter sicher sehr viele
erst junge Bildungen, und auch die hundert, die ich zusammenbrachte,
erlauben schon wichtige Schlüsse. Sie bekräftigen zunächst, daß ein
starker mehreren Zweigen gemeinsamer Grundstock da ist, dessen Kern
zum mindesten bis um die Mitte des ersten nachchristlichen
Jahrtausends zurückreichen muß. Sicher ist manches erst später
ausgestrahlt, und das Altnordische enthält nicht wenige solche Wörter,
die kaum vor dem Ausgang der Wikingzeit oder auch noch später aus
einer westgermanischen Mundart übernommen wurden. Aber in vielen
Fällen sichert auch die Lautentwicklung das hohe Alter, und anderseits
beweist die Bezeugung eines Wortes in nur einem Sprachzweig natürlich
nicht, daß es allein in ihm bestanden hat. Bei den nur aus dem
West-nordischen bekannten und etymologisch isolierten Wortstämmen
können wir aber leider nicht entscheiden, ob ihre pp, tt oder kk nicht
etwa aus mp, nt oder nk assimiliert worden sind. Wir sind daher nicht
imstande, über den möglichen Sonderbesitz dieses Sprachzweigs an alten
langen Tenues zur Klarheit zu kommen. Wo aber auch das Ostnordische
und namentlich das Schwedische beteiligt ist, pflegt es günstiger zu
stehn.
Ich habe auch an den west- und nordgermanischen Stoff die Fragen
gestellt, vor denen wir bei den lateinischen Entsprechungen standen,
als erste die nach dem Anteil fremden Wortguts. Die Antwort darauf ist
hier der weitaus später einsetzenden Überlieferung wegen schwieriger
als in den klassischen Sprachen und auch im Gotischen und stellt uns
vor vielerlei Einzelprobleme. Ich beschränke mich daher fast ganz auf
die knapp 30 unter den 100 Wörtern, die tt enthalten. Von ihnen sind
4: ags. catte / an. ko,ttr "Katze", ags. matte "Matte" und meottuc
"Beil" samt an. prettr "Betrug" mit Sicherheit fremd. Sehr
wahrscheinlich steht es so aber auch mit an. bytta "Bütte" und as.
ratta "Ratte" sowie mit ags. cottuc "Malve", as. kott "Kutte, Mantel",
titturuh "Flechte" und tuttili "Zitze", weiter den Entsprechungen von
got. skatts und mit an. ho,ttr "Hut" (sieh oben) und schließlich mit
as. luttik / luttil und ahd. luzzil "klein". Luttic hat, wie auch das
zugehörige ags. lyttuc "kleines Stück", das fremde -k-Suffix (vgl.
ags. cottuc und meottoc und wohl auch as. titturuh und die auf S. 12
genannten Fälle) und dazu die drei Stammvokale i (im Got. und Nord.),
u: (in ags. ly:t und lytel) und u (im Deutschen und in ags. lyttuc;
vgl. auch as. tuttili neben hd. Zitze). Dies ist ein Wechsel, den die
indogermanische und germanische Grammatik nicht kennt (vgl. Kuhn,
Festgabe f. L. L. Hammerich, S. 116 f. und Gedenkschrift f. W.
Foerste, S. 35 und 37 [I, 392 f. und hier 4 und 5]).
Diesen 14 Stämmen stehen nur 7 gegenüber, die wir dem Echtgermanischen
zuerkennen müssen. Es sind vor allem as. hrottag "rotzig" neben germ.
*hreutan / *hru:tan "schnarchen" (u. ä.), an. kvittr "Gerede" neben
kveDa "sprechen", ahd. nuzzo:n "nutzen" neben germ. *neutan
"genießen", as. (gi-)wittig "weise" (samt. an. vittugr "zauberkundig"
und wohl auch vitt / vett, das gleichfalls zum Zauberwesen gehört)
neben witan "wissen" und schließlich as. thitt (neben thit) und an.
þetta (samt mhd. ditze) "dies". Die 2 noch übrigen Wörter dieser Reihe
sind sehr wahrscheinlich junge, erst den späten Handschriften
angehörige Bildungen. Es sind an. brott "fort" (zu braut, "Weg") und
ags. þreotty:ne, dreizehn' — das ähnliche an. þrettán läßt eine
normale Erklärung zu —. Wenigstens 2 der andern nun genannten Wörter
können ihr tt durch Analogie erhalten haben, ahd. nuzzo:n nach dem
fast gleichbedeutenden nuzzen (hd. nützen) mit regelmäßigem tt statt t
vor j, und ganz ähnlich as. (gi-)wittig nach gi-wit (Gen. gi-witties;
vgl. hd. witzig neben Witz — an vitt / vett mit vittugr ist womöglich
anderen Ursprungs). Besonders bemerkenswert ist thitt usw. "dies",
weil die Formen zu einem erst in nachgotischer Zeit neugebildeten
Pronomen gehören und ganz abnorm sind. Bei den restlichen Wörtern
meiner Sammlung, die ein lautgesetzlich nicht oder nur schwer
erklärbares tt enthalten: an. glotta "glotzen" und hitta "treffen",
as. knotto "Knoten", quattula "Wachtel" und sletto "Faun", latta
"Latte" und spott "Spott", sind wir ohne Kriterien, welche uns ihre
Zuweisung zu einer der beiden Gruppen erlauben. Bei pp scheint die
Lage ähnlich zu sein wie bei tt, bei kk der rein germanische Anteil
dagegen größer. Aufs Ganze gesehen wird er dem oben geschätzten
indogermanischen Anteil an den Langkonsonanten des Lateinischen nahe
stehn, so daß wir annehmen dürfen, daß auch bei uns das andersartige
Konsonantensystem einer fremden Sprachfamilie den Kein) zu dieser
Entwicklung gelegt oder doch wenigstens einen starken Einfluß auf sie
geübt hat.
Die zweite Frage, die ich an den jetzt erörterten Stoff zu richten
habe, geht darauf, wie er sich auf die verschiedenen Schichten der
Sprache verteilt. Es ist deutlich, daß er auch darin dem lateinischen
verwandt ist. Daß das Schwergewicht bei uns ebenfalls in den unteren
Sprachschichten liegt, ergibt sich nicht nur aus den vorherrschenden
Bedeutungskreisen, sondern zeigt sich, im Einklang wieder mit dem
p-Anlaut und manchem andern, auch darin, daß die höhere Dichtung von
diesen Wörtern wesentlich weniger enthält als die übrigen Quellen. Der
Beowulf braucht von ihnen nur sceatt "Schatz", scucca "Dämon" und die
Sippe von upp "auf", der Heliand skatt, luttik / luttil, likkon
"lecken" und upp (usw.), während ich in den Corpus-glossen rund 20 und
in den kleineren altsächsischen Denkmälern sogar etwa 40 solche
Wortstämme zähle. Ebenso deutlich tritt dieser Gegensatz in den
herangezogenen Teilen der alten nordischen Dichtung hervor. Auch diese
große Ungleichheit verbietet uns, hinter der verfolgten Erscheinung
Lautgesetze zu suchen.
"


I note with interest that likkon "lick" seems to be foreign in
Germanic, since I've proposed it's related to Sino-Tibetan and
Old Chinese words for "feed, rear animals" etc (which prehaps
might help rehabilitate Rulen's 'Proto-World' *m-l-k-, at least
in its sense "milk").

Note the equation
Germanic *hatt- "hat", ho:d- "hood", Latin cassis "helmet",
the ethnonym Catti, Chatti, German Hessen, Celtic Cass-
(cf Chatti names Arpus, Flanallus, Lives, Ramis, Gandestrius or
Adgandestrius, Catu- or Actu-merus and Ucro-mirus, not very Germanic)

Germanic *matt- "mat", Latin massa (connected with *met- "beat"?)


Torsten