Re: Mid-first century BCE Yazigian prerequisites

From: tgpedersen
Message: 64377
Date: 2009-07-14

--- In cybalist@yahoogroups.com, gknysh@... wrote:
>
>
> Torsten,
> Check your Przeworsk materials for the period 75-50 BCE.
> (1) Are there inhumation burials?
> (2) If so, are the graves:
>
> (a) barrow graves (kurgans)?
> (b) double-pit graves? I.e. A rectangular (not round or oval) pit
> on whose floor a secondary narrow pit has been dug for the
> skeleton, and closed with a wooden cover of some type?
> (c) is the head of the skeleton pointing towards the south?
>
> Re (a): "Metanastae" Yazigians abandoned barrow burials shortly
> before they moved to Hungary, while they were still on the lower
> Danube. The other Yazigians retained them.
> Re (b): Some Yazigians were buried in simple pits (single) of
> rectangular shape.
> Re (c): A Yazigian characteristic through the 4th c. CE.
>
> There are a number of other characteristics but the above are
> defining ones.

If the Yasigians in Pannonia gave up barrow burials, why should putative Przeworsk Yasigians keep them?

Anyway, this is the best I can offer for now. Translation follows:
Jan Lichardus
Körpergräber der frühen Kaiserzeit
im Gebiet der südlichen Elbgermanen
pp. 59-69

D. INTERPRETATION
Die Verbrennung des Toten in seiner Tracht entspricht einer alten
Tradition des germanischen Totenrituals. Obwohl es sinnvoll
erscheinen mag, hier gerade deshalb zunächst die Brandgräber zu
behandeln, wird der Deutung der Körpergrabsitte Vorrang gegeben,
denn es wird sich zeigen, daß sich daraus auch bestimmte Hinweise für
die Interpretation der verschiedenen Brandgräbergruppen ergeben
können.

I. KÖRPERGRÄBER
Im Gegensatz zur Brandbestattung ist die Beisetzung des unverbrannten
Toten keine Sitte germanischer Tradition 1). Da die Körpergräber zu
Beginn der frühen Kaiserzeit abseits oder an ganz bewußt ausgewählten
Plätzen innerhalb der Gemeinschaftsfriedhöfe liegen, spricht dies für
eine gewollte und andersartige Behandlung mancher Verstorbenen, die
tiefere Ursachen haben muß. Es ist darum zunächst zu fragen:

1. Wie und wann kam es im elbgermanischen Raum zur Entstehung der
Körpergrabsitte?

2. Sind die elbgermanischen Körperbestattungen untereinander sowohl
zeitlich wie räumlich in Verbindung zu sehen?

3. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den „Lübsow-Gräbern" und
den übrigen elbgermanischen Körperbestattungen?

Das Auftreten der Körpergrabsitte im elbgermanischen Bereich wurde
zunächst mit dem Eindringen fremder ethnischer Elemente erklärt. Man
sprach von keltischem Adel, keltischen oder römischen Händlern oder
Handwerkern, hielt es aber auch für denkbar, daß Angehörige anderer
germanischer Stämme, wie der Rugier oder Vandalen, in den
Körpergräbern bestattet worden waren 2). Bereits in den 50er Jahren
gelang H. J. Eggers der Nachweis, daß die Körperbestattungen rein
germanische Fundtypen enthielten und daß die darin Bestatteten
einheimische Germanen sein mußten 3). Da es Eggers damals aber in
erster Linie um die Gräber des Lübsow-Typus ging, suchte er nicht
nach dem Beginn der Körpergrabsitte als solche in einem bestimmten
germanischen Raum, sondern er zog aus der Totenausstattung dieser
speziellen Gräberkategorie den Schluß auf römischen Einfluß. Seit
Eggers' Untersuchungen ist unbestritten, daß das Auftreten der
Körpergrabsitte nicht mit fremden Ethnoi erklärt werden kann, sondern
daß sich hier einheimische Verhältnisse sozialer oder religiöser Art
widerspiegeln, die im wesentlichen auf Anregungen von außen
zurückzuführen sind.

Es konnte in dieser Arbeit festgestellt werden, daß die ersten
Körperbestattungen in Nordwest-Böhmen und in Mitteldeutschland in der
Phase 2 auftreten. Wenn also mit Einflüssen von außen zu rechnen ist,
können diese theoretisch vom römischen, „ostgermanischen" oder
keltischen Bereich ausgegangen sein.

Das bei den Römern übliche Totenritual war die Brandbestattung 4).
Der Tote wurde auf einer Ustrine oder Busta verbrannt und in einer
Urne, meist ohne Totenzubehör beigesetzt. Funktion und Bedeutung des
Verstorbenen sind aus Grabinschriften, aus Grabarchitektur und aus
der Wahl des Bestattungsplatzes abzulesen. Bedeutende
Persönlichkeiten fanden ihre letzte Ruhestätte in ausgebauten
Grabkammern, deren Wände mit Fresken, die Ereignisse zu Lebzeiten
oder die Totenzeremonien wiedergeben, geschmückt sind. Gegenstände
des persönlichen oder rituellen Gebrauchs können beigegeben sein.
Neben diesen Brandgräbern existieren wenige Körperbestattungen, die,
außer der andersartigen Behandlung des Leichnams, dieselben Elemente
des Totenrituals vermitteln 5). Die Gründe für die Körperbestattung
sind ungeklärt.

In den römischen Provinzen oder in Gebieten, die zum römische
Machtbereich gehörten, pflegte die romanisierte Bevölkerung im
wesentlichen auch das römische Totenritual. Einheimische Traditionen
werden allerdings darin sichtbar, daß der Verstorbene eine
Totenausstattung erhielt, wie sie in Rom nicht üblich war. Das
wahrscheinlich schon in frühtiberischer Zeit angelegte
Brandgräberfeld von Kempten zeigt dies deutlich für den raetischen
Bereich 6). Da die Körpergrabsitte bei den Elbgermanen mit der Phase
2 beginnt, in einer Zeit, als die kulturellen Beziehungen mit Rom
erst begannen, und da die Körpergrabsitte in Rom selbst nur selten
und nicht von einer bestimmten Schicht oder religiösen Gruppe geübt
worden ist, kann die Entstehung dieser Sitte bei den Elbgermanen wohl
kaum aus dem römischen Totenritual direkt hergeleitet werden.

Die zweite These, nämlich daß die Körpergrabsitte aus dem
ostgermanischen Raum komme 7), versuchte man dadurch zu untermauern,
daß auch in Mitteldeutschland einige ostgermanische Körpergräber
existieren, die älter sind als die frühesten elbgermanischen Funde
8). Chronologisch gehören diese Bestattungen in den mittleren
Abschnitt der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, der etwa der Stufe
Latène D1 im süddeutschen Raum entspricht. Eine auffallende
Konzentration solcher Körpergräber findet sich vor allem in Polen, in
Schlesien und Kujawien, im Bereich der Przeworsk-Kultur; Körpergräber
sind hier sporadisch auch in der frühen Kaiserzeit nachgewiesen 9).
Im Gegensatz zu den elbgermanischen Körperbestattungen sind die Toten
hier oft in Seitenlage mit angehockten Beinen oder in Hockerlage
beigesetzt. Ihr Totenzubehör besteht aus Trachtbestandteilen,
Messern, Ahlen, verschiedenen Beschlägen und nur selten auch aus
Waffen. Die Gräberfelder sind oft birituell; seltener sind Bestattungen in isolierter Lage gefunden worden 10). Im gesamten Habitus unterscheiden sich diese Körperbestattungen so sehr von den
elbgermanischen, daß eine Übernahme aus diesem Bereich wenig
Wahrscheinlichkeit haben dürfte. Diese Körpergräber zeigen auch weder
chronologische noch kulturelle Verbindungen zu den hier ebenfalls
nachgewiesenen Lübsow-Gräbern 11), die ihrerseits unter Einfluß aus
dem elbgermanischen Bereich entstanden sein dürften, und es fehlen
jegliche Argumente für eine Herleitung der elbgermanischen
Körperbestattungen aus diesem Gebiet.

Wenn somit die Körpergrabsitte im elbgermanischen Gebiet weder aus
germanischer Grundlage noch durch römische Beeinflussung entstanden
sein kann, dann stellt sich die Frage, ob nicht die Einflüsse aus dem
keltischen Bereich für deren Auftreten verantwortlich sein könnten.

In den in Frage kommenden Gebieten Mitteleuropas war in
spätkeltischer Zeit die Brandbestattung üblich. Normalerweise handelt
es sich um Urnengräber mit Totenzubehör oder Brandschüttungsgräber,
die entweder keine Totenausstattung oder aber Trachtbestandteile,
Keramik und Waffen enthalten 12). Es zeigt sich jedoch, daß die bei
den Kelten früher allgemein geübte Körpergrabsitte offenbar niemals
ganz in Vergessenheit geraten war. Manche Körperbestattungen, wie
diejenige von Mellingen, Kr. Weimar 13) in Thüringen, oder Traunstein
14), in Südbayern, bestätigen dies. In beiden Fällen handelt es sich
wahrscheinlich um Frauengräber, deren abgesonderte Lage, sorgfältige
Herrichtung des Grabraumes und Reichtum an Trachtbestandteilen
kennzeichnend sind. Selbst in augusteischer Zeit existieren noch
einige wenige, in alter keltischer Tradition stehende
Körperbestattungen der heimischen Bevölkerung 15). Dies ist von
Gallien bis in den Ostalpenraum zu beobachten. Solche
Körperbestattungen sind zwar relativ selten; die außerhalb der
Gräberfelder liegenden zeichnen sich aber aus durch ihren
außergewöhnlichen Reichtum an Trachtbestandteilen und italischen
Importen. Die oft waffenlosen Gräber wurden mit großer Sorgfalt
hergerichtet, und sie liegen isoliert oder in kleinen Gruppen
außerhalb der allgemeinen Friedhöfe. Sowohl Männer- wie
Frauenbestattungen sind nachgewiesen 16).

Sowohl der Reichtum der Totenausstattung wie die Bestattungssitte und
die abgesonderte Lage zeigen an, daß hier führende Mitglieder
der keltischen Gesellschaft begraben worden waren. Es scheint, als
hätte sich die keltische Oberschicht in der Zeit der expansiven
Politik der Römer unter Augustus und Tiberius an die ehemals typisch
keltische Bestattungssitte zurückerinnert. Es ist nicht
auszuschließen, daß man dies tat, um sich im Totenzeremoniell
deutlich von den römischen und inzwischen auch in der eigenen
Bevölkerung üblichen, aber letztlich fremden Bräuchen abzusetzen 17).
Daß die Kelten in verschiedenen Bereichen bis in claudische
Zeit ihre Eigenständigkeit bewahrten, ist auch schriftlichen Quellen
zu entnehmen 18). So wurde weiterhin gallische Tracht getragen, und
dies sogar von keltischen Mitgliedern des römischen Senats, die sich
nicht mit der hier üblichen Toga bekleideten. Auch der Kult der
Druiden soll erst von Claudius verboten worden sein. Eine gewisse
Anpassung an die neue Situation kommt aber beispielsweise darin
zum Ausdruck, daß sich bestimmte Mitglieder der Oberschicht, sogar
Angehörige von Familien, die Caesar bekämpften, am Augustus-Altar von
Lungudunum zu Oberpriestern wählen ließen. In großem Rahmen gesehen
ist eine solche Reaktion der keltischen Oberschicht überall dort zu
erkennen, wo diese unter römischem Einfluß stand. Es muß allerdings
zugleich betont werden, daß sich derartige Reaktionen durchaus
unterschiedlich äußern können, denn nicht überall griff man auf die
alte keltische Körperbestattungssitte zurück. In manchen Fällen hat
auch die Oberschicht weiterhin brandbestattet - gelegentlich kann
aber eine Neugestaltung der Totenausstattung beobachtet werden. Als
Beispiele hierfür seien die Gräber aus Goeblingen-Nospelt im
Saar-Mosel-Raum 19) und aus Welwyn-Garden in Südost-England genannt
20). Was die direkt an die südelbgermanischen Gebiete angrenzenden
Regionen betrifft, so kann festgestellt werden, daß in Noricum und im
nordöstlichen Raetien die heimische Bevölkerung bis in claudische
Zeit die ihr eigene Lebensweise bewahren konnte 21), während es im
übrigen Raetien zu einer gewissen Einschränkung ihrer Selbständigkeit
kam 22). Dies mag verursacht worden sein durch die Ansiedlung
romanisierter Bevölkerungsgruppen und wohl auch durch die Gründung
von Cambodunum etwa im Jahre 17 nach Chr. 23.

Im nordöstlichen Raetien, das an das westliche Noricum angrenzte,
sind aus der frühen Okkupationszeit einige Körpergräber bekannt
geworden, die bereits im Jahre 1957 von P. Reinecke vorgelegt wurden
24). Diese Bestattungen sind durch keltisch-ostalpines
Trachtzubehör gekennzeichnet , und sie enthalten keine Waffen (Abb.
24). Da Reinecke damals nur über mangelhafte Fundbeobachtungen
verfügen konnte, ist es ihm zwar gelungen, das Typische bei den
Trachtstücken herauszustellen, doch waren zu wenige geschlossene
Funde auswertbar.

Neue Entdeckungen in Kirchheim bei München-Heimstätten, Ldkr.
München, haben die Quellenlage qualitativ entscheidend verbessert
25). Es wurden hier drei NNW-SSO-orientierte Körperbestattungen in
Rückenlage und in relativ geringer Tiefe, von 45 bis 60 cm, und mit
Abständen von 4,5 bis 8 m freigelegt. Der geringen Tiefe und der
Abstände zwischen den Gräbern wegen, ist möglicherweise damit zu
rechnen, daß die Gräber ursprünglich unter Hügeln lagen. Es darf als
gesichert gelten, daß sich in der näheren Umgebung keine weiteren
Gräber befanden. Die Frauengräber von Heimstätten enthielten reiches
Trachtzubehör norisch-pannonischer und auch provinzialrömischer
Provenienz, und sie gehören chronologisch in tiberische bis
claudische Zeit 26).

Für die bisher bekannten frühkaiserzeitlichen Körpergräber Nordost-
Raetiens ist kennzeichnend:

1. Es handelt sich um Einzelgräber, oder die Bestattungen bilden
kleine Gruppen.

2. Die Gräber lassen in der Orientierung keine Regel erkennen. Die
Toten liegen in gestreckter Rückenlage; gelegentlich kommen auch
solche in leichter Hockerlage vor.

3. Die Gräber waren vermutlich von kleinen Hügeln von etwa 5 m
Durchmesser überdeckt. Manchmal finden sie sich als Nachbestattungen
in älteren Hügeln.

4. An Trachtbestandteilen sind Fibeln, Gürtelgarnituren, Hals-, Arm-
und Fingerringe und Ketten aus Glasperlen oder Ringen belegt.

5. Waffen fehlen. Tongefäße, Eisenmesser und, in einzelnen Fällen,
Trinkhörner und Bronzegefäße kommen vor.

Die kulturelle Zuweisung dieser Gräber ergibt sich aus den Trachtstücken. Bereits Reinecke war der Meinung, daß diese Gräber
nahelegen, „an eine Stammeseigentümlichkeit innerhalb des
nordraetisch-vindelikischen Bereiches zu denken und diese Funde als
Anzeichen eines nach der Okkupation des Landes 15 v. Chr. noch eine
Anzahl von Jahrzehnten fortbestehenden gesonderten Stammesgebietes
anzusprechen" 27). In letzter Zeit aber bewegt sich die Diskussion zu
diesen Fragen zwischen einer Zuweisung zu einer einheimischen,
restkeltischen Bevölkerung einerseits, zu einer aus dem Etsch-Tal
stammenden, romanisierten Menschengruppe oder gar den Gründern von
Cambodunum andererseits 28). Obwohl für manche Stücke, wie
insbesondere den schweren Goldschmuck (Abb. 24) bislang keine
direkten Vorbilder im keltischen Kunsthandwerk bekannt geworden sind
29), zeigen insbesondere die Funde aus dem spätkeltischen
Brandgräberfeld von Kundl im Tirol 30),daß es sich sehr wohl um
Trachtbestandteile keltischer Tradition handeln muß (Abb. 25).
Norisch-pannonische Trachtstücke in einheimischer Tradition waren in
den nordostalpinen Regionen auch nach der Machtübernahme durch die
Römer die Regel. Einzelne Exemplare gelangten sogar in den nördlich
angrenzenden, elbgermanischen Bereich; offenbar wurde solcher Schmuck
aber auch von der „romanisierten" Bevölkerung der Okkupationszeit
getragen. Die Funde aus dem Gräberfeld und der Siedlung von Kempten
bestätigen dies 31). Aus diesen Feststellungen muß sich aber ergeben,
daß die Gruppe der nordostraetischen Körpergräber nicht alleine
aufgrund der Schmucktypen, sondern mit Hilfe der Typenkombinationen
und des gesamten Totenrituals interpretiert werden muß.

Die Feststellung Reineckes, daß diese Körperbestattungen in einem
Raum zwischen Isar und Lech verbreitet seien 32). ist bis heute zutreffend. Für diese Körpergräber ist charakteristisch, daß sie
unmittelbar östlich von römischen Militärstationen liegen (Abb. 26),
und es läßt sich unschwer erkennen, daß hier eine bestimmte
Verbindung bestehen muß 33). Meist wird diese Situation so gedeutet,
daß eine Absicht dahinter gestanden habe, diese Verstorbenen in der
Nähe römischer Anlagen beizusetzen. Dieser Schluß ist jedoch nicht
unbedingt zwingend, und es wäre durchaus denkbar, daß umgekehrt, die
Römer ihre Lager und Militärstationen in der Nähe der keltischen
Machtzentren anzulegen trachteten 34). Dies würde allerdings
bedeuten, daß die Sitte der Körperbestattung im ostraetischen Raum
früher auftritt als man bisher annahm, indem man solche Gräber in
spättiberisch-claudische Zeit datierte. Bei der Klärung dieser Frage
muß zunächst die Gesamtsituation des ostraetischen (vindelikischen)
Raumes während augusteisch-frühtiberischer Zeit betrachtet werden.

Unlängst konnte R. Christlein, aufbauend auf früheren Überlegungen
von W. Krämer und P. Glüsing, zeigen, daß in einem Gebiet, das östlich an dasjenige der ostraetischen Körpergräber anschließt,
spätlatène-zeitliche Brandgräber (Latène D2) der Gruppe
Uttenhofen-Kronwinkl-Hortgertshausen auftreten (Abb 27), die er als
keltisch bezeichnet und in Zusammenhang stellt mit dem Auszug der
Helvetier (58 v. Chr.) 35). Aufgrund der Fibeln und Gürtelgarnituren,
die sich in diesen Gebieten befinden 36), kann eine genauere
relativ-chronologische Datierung insofern vorgenommen werden, als
Grab 2 von Kronwinkl, das zwei geschweifte Eisenfibeln mit oberer
Sehne enthält, mit dem Horizont Großromstedt B gleichzusetzen ist.
Dasselbe gilt auch für die Bestattung von Uttenhofen, wo eine
spätlatènezeitliche Fibel der Variante Beltz J mit einer geschweiften
Bronzefibel des Typus Almgren 18/1 vergesellschaftet ist. Sowohl die
Fibeltypen wie auch die durchbrochenen Gürtelhaken erweisen diese
Gräber als gleichzeitig mit Großromstedt B und dadurch auch mit der
böhmischen Phase 1. Verbindungen zu Mitteldeutschland sind aber auch
erkennbar durch die spätlatènezeitliche Fibel mit durchbrochenem
Nadelhalter aus Grab 1 von Hortgertshausen, die derjenigen aus dem
Körpergrab (?) mit Schwert und Rasiermesser von Markkleeberg-Gautzsch
entspricht 37). Während die Aylesford-Pfanne dieses Grabes auf
keltische Vermittlung zurückgeführt werden muß, ist die
charakteristische rädchenverzierte Keramik zweifellos als
elbgermanisch zu bezeichnen. In Südbayern selbst ist nun aber auch
das Körpergrab von Traunstein 38), seiner Fibeln der Variante Beltz J
und der durchbrochenen Gürtelhaken wegen, einerseits mit den
Brandbestattungen der Gruppe Uttenhofen-Kronwinkl-Hortgertshausen,
andererseits mit dem thüringischen Körpergrab von Meilingen 39) zu
verbinden. Außer diesen Beziehungen zu Mitteldeutschland weisen die
südbayerischen Brandbestattungen jedoch auch Verbindungen zu Böhmen
auf, wie es P. Glüsing schon zeigen konnte 40) in engem Zusammenhang
mit der chronologischen Festlegung und der kulturhistorischen
Beurteilung der erwähnten Brandgräber stellt sich erneut auch die
Frage nach dem Ende der südbayerischen Oppida, und hier insbesondere
desjenigen von Manching 41). Da die Brandgräber der Gruppe
Uttenhofen-Kronwinkl-Hortgertshausen einerseits mit der böhmischen
Phase 1 (Großromstedt B), andererseits mit Latène D2 im süddeutschen
Raum gleichzusetzen sind, muß die Zerstörung des Oppidums von
Manching in einer Zeit zwischen dem Ende von Latène Dl und der
böhmischen Phase 1, das beißt zwischen 50/40 und 9/0 v. Chr. erfolgt
sein. Da die bayerischen Brandgräber so eng in Verbindung mit Funden
der böhmischen Phase 1 stehen, ist deren Datierung in die Zeit des
Helvetierauszuges um 58 v. Chr. also kaum annehmbar. Die Frage einer
genaueren Festlegung des Endes von Manching aber soll und kann hier
nicht weiter verfolgt werden, zumal auch die verfügbaren
Veröffentlichungen und das Ausmaß der gegrabenen Fläche mit 5 % des
Gesamtgeländes es nicht gestatten, hierzu derzeit Genaueres zu sagen.
Wichtig dürfte hierzu auch nur die Feststellung sein, daß die
bayerischen Brandgräber der Gruppe Uttenhofen-Kronwinkl-
Hortgertshausen, ihrer Verbindungen mit der böhmischen Phase 1 wegen,
jünger sein dürften als dies bislang angenommen wurde. Auch Funde
früher elb-germanischer Keramik aus diesen Gebieten lassen auf eine solche Datierung schließen 42). Trotz alledem bleibt die ethnische
Zuweisung dieser bayerischen Gräbergruppe noch immer ungewiß. Die
Funde aus dem Gräberfeld von Kundl zeigen allerdings, daß hier
durchaus mit einer direkten Kontinuität zwischen Latène Dl und D2 zu
rechnen ist, und daß darum ein Bevölkerungswechsel in diesem Raum
kaum wahrscheinlich ist 43) vielmehr scheint dieses Gebiet in den
letzten Jahrzehnten vor Chr. Geb. von einer keltischen
Restbevölkerung besiedelt gewesen zu sein, die allerdings enge
Beziehungen unterhielt zu den elbgermanischen Regionen Böhmens
(Phase 1), Mitteldeutschlands und auch Frankens 44). zu entscheiden,
ob der niederbayerische Raum in dieser Zeit von Kelten oder
Germanen besiedelt war, ist offenbar deshalb so schwierig, weil außer
keltischen Traditionen durchaus auch germanische Elemente zu
erkennen sind. Es dürfte allerdings von Bedeutung sein, daß
germanische Elemente in der Zeit, die der böhmischen Phase 2 entspricht, hier nicht mehr nachzuweisen sind 45), während nunmehr
keltisches wieder stärker in den Vordergrund tritt, wie es die
Befunde von Karlstein-Bad Reichenhall, deutlich zeigen 46). Es
spricht sogar vieles dafür, daß die Römer, im Zuge ihrer Besetzung
der Regionen nördlich der Alpen, in den ost-niederbayerischen
Gebieten, etwa zwischen Manching und Karlstein, die Lebensweise der
hier ansässigen keltischen Bevölkerung nicht so entscheidend
einschränkten 47). Das Weiterbestehen der keltischen Struktur erklärt
denn auch die Zusammenhänge, die zwischen der Körperbestattung von
Traunstein und den ostraetischen Körpergräbern bestehen, denn sie
spiegeln eine örtliche Tradition wider, obwohl zwischen ihnen ein
Hiatus in spätaugusteischer Zeit zu bestehen scheint, der wohl mit
einer Forschungslücke zu erklären ist.

Daß diese Körpergräber keltische Grabsitten erkennen lassen, dies
erklärt sich auch aus der allgemein zu beobachtenden Bewahrung
keltischer Traditionen in den Gebieten nördlich der Alpen, die in
augusteischer Zeit unter römische Herrschaft gerieten. Erst in
claudischer Zeit, als es zu einer neuen Ausrichtung und Festigung der
Provinciae kam, änderte sich dies grundlegend 48).

Die Verhaltensweise der keltischen Oberschicht in der Zeit der
römischen Expansionspolitik, d. h. von caesarischer Zeit an,
ermöglicht es nun aber, auch das Auftreten der elbgermanischen
Körperbestattungen kulturhistorisch zu beleuchten 49). Es ergeben
sich nämlich gewisse Übereinstimmungen zwischen den Körpergräbern aus
dem raetischen und dem frühen elbgermanischen Bereich:

1. Es werden kleine, separate Friedhöfe angelegt, und man bestattet
hier während längerer Zeit.

2. Die Toten liegen auf dem Rücken in gestreckter oder leicht
angehockter Lage, und sie sind uneinheitlich orientiert.

3. Waffen werden nicht beigegeben. Trachtbestandteile, Messer und
Tongefäße sind typisches Totenzubehör.

4. Dem Bau des Grabraumes wird spezielle Aufmerksamkeit gewidmet.

In den Grundzügen sind somit klare Gemeinsamkeiten feststellbar.
Unterschiede in der Totenausstattung sind durch die verschiedene
Umwelt bedingt, indem im germanischen Bereich Nadeln und Scheren, im
keltischen hingegen Ringschmuck und Perlenketten kennzeichnend sind.
Daß sich direkte Kontakte zwischen den Elbgermanen Böhmens und den
Kelten im nordostalpinen Raum in einer ganzen Reihe von kulturellen
Faktoren äußern und daß bereichernde Einflüsse vor allem von Süden in
Richtung Norden verliefen, dies ist hinreichend bekannt und
unumstritten. Ebenso klar ist auch, daß kulturelle Beziehungen auch
nach dem Vorstoß der Römer in augusteischer Zeit in die Gebiete
nördlich der Alpen nicht nur weiter bestanden, sondern sogar noch
intensiver wurden in Anbetracht der Möglichkeiten, die das
frühkaiserzeitliche, gut ausgebaute Wirtschaftssystem geboten hat 50).

Wenn aber festgestellt werden kann, daß im elbgermanischen Bereich
gerade die Markomannen als erste dazu übergingen, ihr Totenritual
umzugestalten, mit dem Ziel, gewisse Verstorbene durch die
Körperbestattung von der übrigen Bevölkerung abzuheben, und wenn
dieser Brauch auch bei den vornehmen Kelten Raetiens zu beobachten
ist, dann stellt sich die Frage, warum die Markomannen dies taten. Es
kann sich hierbei keinesfalls um einen reinen Zufall handeln; eine
bewußte Nachahmung läßt sich deutlich erkennen. Da sich die
Markomannen vor ihrer entscheidenden Niederlage im Kampf mit Drusus
in den Jahren 10/9 vor Chr. offenbar irgendwo im Main-Gebiet (?),
sicher aber in einer Gegend, die dicht an das spätere Raetien
angrenzte, aufhielten, waren Kontakte zu den hier ansässigen Kelten,
wie es oben schon gezeigt werden konnte, nicht nur wahrscheinlich,
sondern sie lassen sich bis tief in den keltischen Bereich hinein
tatsächlich nachweisen 51). Es ist darum durchaus vorstellbar, daß
ein Teil der markomannischen Oberschicht die Sitte der
Körperbestattung und die darin zum Ausdruck kommende Absonderung von
den Kelten übernommen hat. Es handelt sich wohl weniger um eine reine
Imitation, sondern vielmehr um eine strukturelle Umsetzung, indem die
germanische Oberschicht bestrebt war, sich - ähnlich wie die
keltische - im Totenritual nicht nur von der eigenen Kriegerschicht,
sondern auch von der einfachen Bevölkerung abzuheben. Es ist sehr
wahrscheinlich, daß die Übernahme in einer Zeit erfolgte, als das
keltische hierarchische System noch intakt war, d. h. noch vor der
römischen Okkupation Raetiens 52). Es überrascht auch nicht weiter,
daß es ausgerechnet die Markomannen unter Marbod waren, die selbst
ein ausgeprägtes hierarchisches System besaßen und bei denen darum
der Gedanke eines der Oberschicht vorbehaltenen Totenrituals eine
positive Aufnahme finden mußte 53). Daß das Auftreten der
Körpergrabsitte in die Phase 2, d. h. in die Zeit der Festigung von
Marbods Herrschaft fällt, fügt sich logisch in die archäologische
Argumentation ein. Das Auftreten der Körpergräber der Gruppe 1 ist
somit durch historische Vorgänge soweit erklärbar. Was darum die
erste Frage betrifft, so erweist sich die Antwort, daß die
Elbgermanen die Körpergrabsitte von den benachbarten, nordalpinen
Kelten übernommen haben, als die wahrscheinlichste.

Die archäologischen Gegebenheiten zeigen aber auch an, daß
Entstehungund Weiterentwicklung der Körpergrabsitte im
elbgermanischen Bereich in Zeit und Raum differenziert betrachtet
werden müssen. Aus deren Beziehungen zueinander lassen sich folgende
Rhythmen feststellen:

Vom böhmischen Fundmaterial ausgehend, ist erkennbar, daß die
Körpergräber der Gruppe 1 seit der Phase 2 und in den Phasen 3 und 4
nachweisbar sind. Mit den Körpergräbern der Gruppe 2, die erst von
der Phase 3 an erkennbar sind, tritt allerdings ein bedeutender
weiterer Faktor mit der Mitgabe von römischen Services hinzu. Man
stellt aber auch fest, daß seit der Phase 3 Körpergräber der Gruppen
1 und 2 nebeneinander existierten. Die Entstehung der Körpergräber
der Gruppe 2 muß aber im Grunde auf die Körpergräber der Gruppe 1
zurückgeführt werden. Das ergibt sich sowohl aus Totenlage,
Orientierung, Bau und Lage der Gräber, wie aus der Ausstattung mit
Trachtbestandteilen. Außer chronologisch bedingten Veränderungen der
Trachtbestandteile ist es aber besonders die Beigabe von Sätzen an
importierten römischen Gefäßen oder besonderen Gegenständen, die für
die Körpergräber der Gruppe 2 kennzeichnend ist.

Die in der südwestlichen Slowakei gemachten Beobachtungen zeigen, daß
Körpergräber der Gruppe 3 hier von der Phase 4 an auftreten. Diese
Bestattungen stehen eindeutig in Tradition zu denjenigen der Gruppe
1. Sie unterscheiden sich lediglich dadurch von letzteren, daß sie
nicht abseits, sondern innerhalb der Gemeinschaftsfriedhöfe, aber in
einem bestimmten Friedhofsareal liegen. Eine gewisse Absonderung
kommt folglich auch hier zum Ausdruck. Erst von der Phase 5 an
scheint man Körper- und Brandgräber nicht mehr so deutlich
voneinander getrennt angelegt zu haben. Im südwest-slowakischen Raum
existieren jedoch auch Körperbestattungen der Gruppe 2, die offenbar
gleichzeitig sind mit denjenigen der Gruppen 3 und 4. Damit läßt sich
zeigen, daß die verschiedenen Gruppen von Körperbestattungen sowohl
zeitliche wie räumliche Unterschiede erkennbar machen. Das wird
insbesondere durch die Beziehungen zwischen Böhmen und der Südwest-
Slowakei deutlich, indem letztere als sekundärer Siedlungsraum in
Erscheinung tritt. Damit kann auch die zweite Frage in positivem
Sinne beantwortet werden: Es exisitieren in der Tat zeitlich und
räumlich bedingte Unterschiede.

Die letzte Frage betrifft das Problem, wie es dann zu einer
Umstrukturierung zu den Lübsow-Gräbern im Sinne von Eggers gekommen
ist, eine Umstrukturierung, die sich vor allem in der Mitgabe von
Sätzen an römischen Metallgefäßen äußert und wie sie hier als
kennzeichnend für die Körpergräber der Gruppe 2 herausgestellt wurde.
Die römischen Gefäße konnten sowohl als Gastgeschenk, wie Handelsgut
oder Beute zu den Elbgermanen gelangt sein 54). sie stellten, und
dies gilt natürlich in besonderem Maße für Silber- und Glasgefäße,
einen großen Wert dar, und sie gelangten sowohl in den Besitz der
sozialen Oberschicht, sowie in denjenigen der Krieger und
wohlhabenden Mitglieder der Gesellschaft. Verstarb der Besitzer, so
wurden diese Gefäße und andere Güter mit ihm zusammen verbrannt oder
sie wurden unversehrt ins Grab gelegt. Die Bestattungen unterscheiden
sich in Anzahl und Auswahl der Gefäße. Aber erst von einer gewissen
Zeit an beobachtet man typische Gefäßkombinationen, wie Kanne und
Griffschale, Paare von Bechern oder Becken, Kelle und Sieb. Erst von
diesem Moment an beginnen die römischen importierten Gefäße eine fest
umschriebene Rolle im elbgermanischen Totenritual und möglicherweise
auch in den Bestattungsriten zu spielen. Gesetzmäßigkeiten in der
Kombination von Griffschale und Kanne konnten von Moesien bis Gallien
bereits überzeugend nachgewiesen werden 55).

Stellt man aber die Frage, woher dieser Brauch der Mitgabe von spezifischen Services im elbgermanischen Bereich kam, so ist
festzustellen, daß er nicht aus Raetien oder Noricum stammen konnte,
da es dort in vergleichbarer Zeit Ähnliches nicht gibt. Es handelt
sich hierbei vielmehr um eine Sitte, die in Rom von einer bestimmten
Schicht (Magistrat) geübt wurde. Es muß nicht besonders erwähnt
werden, daß die elbgermanische Oberschicht unter ihrem König Marbod
Zugang zu den römischen Vorbildern hatte, denn nach dem
„Friedensvertrag" aus dem Jahre 6 nach Chr. unterhielt sie besonders
enge Beziehungen zu Rom 56).

Aus dem Studium reicher Brandgräber aus Italien ergibt sich, daß
diese entweder zahlreiche Beigaben, wie Metallgefäße, Schmuck und
Spiele enthalten 57), oder daß diese Gegenstände, gewissermaßen
stellvertretend, auf Wandmalereien in der Grabkammer dargestellt
sind. Diese Wandmalereien liefern eine Fülle von Informationen in
dieser Hinsicht, weil sehr oft mehrere Gefäße abgebildet sind, die
nicht in die Gräber der römischen Oberschicht gerieten. In
eindrücklicher Weise zeigen dies die Fresken in der Grabkammer des
Aedils Vestorius Priscus an der Porta Vesuvio in Pompejj, die durch
die Nachbestattung seiner Mutter Mulvia Prisca etwa in claudische
Zeit datiert werden kann 58). Die tempelartig eingerichtete
Grabkammer ist gut erhalten, und es finden sich darin gemalte Szenen
aus dem Leben des jungen Aedils. Wichtig in diesem Zusammenhang ist,
daß auch dessen Totenmahlzeit dargestellt ist. Diese Szene besteht
aus einem Tisch, an dem 5 Personen sitzen. Daneben befindet sich ein
Anrichtetisch, auf welchem mehrere Silbergefäße in symmetrischer
Anordnung erkennbar sind (Taf. 5). Unter dem Tisch stehen Kanne und
Patera. Die abgebildeten Metallgefäße entsprechen in der Form denen,
die auch in elbgermanischen Gräbern in bestimmten Kombinationen
vorkommen 59).

Dies spricht für die Annahme, daß das von der elbgermanischen
Oberschicht praktizierte Totenritual der Gruppe 1 durch römischen
Einfluß umstrukturiert wurde zur Gruppe 2. Es kann sich hierbei aber
wiederum nicht um eine einfache Übernahme handeln, sondern es muß
eine tiefgreifende Umgestaltung und Veränderung in den
Jenseitsvorstellungen vorausgesetzt werden. Dies wird besonders
deutlich durch die häufige Mitgabe von Kanne und Griffschale, die,
bei rituellen Waschungen verwendet, von der Aufnahme einer Idee
zeugen und nicht nur ihres materiellen Wertes wegen in die Gräber
gelangten. Ob dies allerdings immer oder nur in einigen Fällen
vorausgesetzt werden kann, dies zu entscheiden ist sehr schwierig.
Eine solche Umstrukturierung ist jedenfalls nicht bei allen
Körperbestattungen verfolgbar, denn es zeigt sich, daß nur ein
kleiner Teil der Bestatteten den Schritt zur Gruppe 2 tat, und es muß
daraus gefolgert werden, daß eine weitergehende Differenzierung in
der Oberschicht bestanden hat. Die Körpergräber der Gruppen 3 und 4,
die im südwest-slowakischen Raum am besten zu erfassen sind, stellen
eine Weiterentwicklung aus der Gruppe 1 dar. Es ist nicht
ausgeschlossen, daß dadurch hier auch historische Vorgänge zum
Ausdruck kommen, d. h. daß sie in Beziehung gebracht werden können
mit der Reichsgründung des Vannius nach dem Sturz der Herrscher
Marbod und Catualda.

Mit dem Auftreten der Körperbestattung bei den frühen Elbgermanen
zeichnet sich somit ein besonders interessanter Vorgang ab, indem ein
Teilbereich des Totenrituals von der Führungsschicht eines
benachharten Gebietes übernommen wurde. Es kann dies nicht nur als
Versuch einer Angleichung an die fremde Oberschicht und deren
hierarchisches System erklärt werden, sondern es drückt sich darin
auch der Wunsch aus, sich von der eigenen Bevölkerung abzusondern 60)
wie oben bereits gesagt, erfolgte die Umstrukturierung des
Totenrituals in zwei Schritten, indem zunächst, in der Zeit um
Christi Geburt, ein keltisches und danach, in den ersten
nachchristlichen Jahrzehnten, ein römisches Element im Totenritual
der elbgermanischen Oberschicht Eingang fand.


II. BRANDGRÄBER

Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß sich mit den
Brandgräbern mit bestimmten, sich wiederholenden Waffenkombinationen,
mit reicher Tracht und importierten Metallgefäßen, die sich in
manchen Gräberfeldern zudem auch auffallend auf gewisse Areale
konzentrieren, die Bestattungen einer lokalen, führenden
Gesellschaftsschicht erfassen lassen. Die Waffenausstattung läßt eine
Interpretation als Kriegergräber zu. Durch die Gräber der
Waffenausstattungsgruppen a, b, c und d werden innerhalb der
Kriegerschicht auch graduelle Unterschiede sichtbar. Noch ist
allerdings nicht zu entscheiden, ob in der Waffenausstattungsgruppe a
eventuell eine weitere Unterteilung möglich ist, und es ist auch
festzustellen, daß die Quellen noch nicht ausreichen,
Gesetzmäßigkeiten im übrigen Totenzubehör zu erkennen 61). Es sieht
aber so aus, als spiegelte die mehr oder minder reiche Ausstattung
mit Trachtstücken und importierten Metallgefäßen örtliche
Möglichkeiten und privaten Besitz der bestatteten Person wider.

Für eine Beurteilung der Veränderungen im Totenritual der Kriegerschicht ist die Beobachtung wichtig, daß es im Laufe der Phase 4 zur Herausbildung der Brandgräbergruppen 2 (Mitgabe von römischen
Services und anderen ausgewählten römischen Gegenständen) und 3
(waffenlose Bestattungen abseits der Gemeinschaftsfriedhöfe) gekommen
ist. Im Vergleich mit den Umstrukturierungen bei den Körpergräbern
zeigt sich, daß die Veränderungen bei den Brandgräbern mit gewissen
Verspätungen auftreten. Bei der Brandgräbergruppe 2 handelt es sich
um eine Phase, bei der Gruppe 3 gar um deren zwei. Da auch bei der
brandbestattenden Kriegerschicht die Kenntnis der entsprechenden
keltischen und römischen Vorbilder vorausgesetzt werden kann, ist die
Verspätung bei der Umformung im Totenritual wohl nur dadurch zu
erklären, daß sie erst dann stattfinden konnte, als man sich der
Tatsache bewußt geworden war, daß das in Teilbereichen veränderte
Totenritual einen besonderen Status anzeigt. Dieses Bewußtsein hat
sich bei der Kriegerschicht erst in spättiberischer und claudischer
Zeit gefestigt. Es ist indes auch hier wiederum bezeichnend, daß nur
ein Teil der Kriegerschicht diesen Schritt vollzog. Warum aber tat
sie dies? Es ist klar, daß es nicht der Reichtum an
Trachtbestandteilen und die Waffenausstattung sind, die die führende
Schicht kennzeichnen. Das andersartige Totenritual ist entscheidend.
Das Auftreten der Brandbestattungsgruppen 2 und 3 ist darum so zu
deuten, daß Mitglieder der Kriegerschicht Stellungen der Oberschicht
anstrebten und in einigen Fällen offenbar auch erreichten. Besonders
deutlich wird dieser Vorgang bei den Gräbern der Gruppe 3, die
abseits liegen und keine Waffen besitzen. Das bedeutet folglich, daß
die körperbestattenden südlichen Elbgermanen einen gesellschaftlich höheren Rang gehabt haben mußten, einen Rang, der für die Mitglieder der brandbestattenden Kriegerschicht erstrebenswert war.

Eine vergleichbare Übernahme von Teilbereichen des neuen Totemituals
kann auch bei den reichen waffenlosen, in importierten Metallgefäßen
auf Gemeinschaftsfriedhöfen niedergelegten Bestattungen beobachtet
werden. Auch bei diesen Gräbern ist, wie bei den Waffengräbern, eine
Verspätung in der Umformung des Totenrituals zu verzeichnen.


1 H. J. Eggers, Prähist. Zeitschr. 34/35, 1949/50, 104 ff.

2 Vgl. G. C. F. Lisch, Jahrb. Ver. mecklenburg. Gesch. u. Altkde 8,
1843, 38 ff.; ders., Jahrb. Ver. mecklenburg. Gesch. u. Altkde 35,
1870, 135 ff.; O. Almgren, Mannus 10, 1918, 1 ff.; M.Jahn, in:
Vorgeschichte der deutschen Stämme (hrsg. H. Reinerth) 3 (1940) 967;
W. Schrickel, Jahrb. RGZM 11, 1964, 138 ff.

3 H. J. Eggers a. a. O. (Anm. 1) 105 ff.

4
F. Cumont, Recherches sur le symbolisme funéraire des Romains (1966);
J. M. Toynbee, Death and Burial in the Roman World (1971);
J. Marquardt, Das Privatleben der Römer (1886)2 340 ff.

5 J. M. Toynbee, a a. O.33 ff; vgl. dazu auch:
H. Bürgin-Kreis, in:
Provincialia, Festschrift R. Laur-Belart (1968) 25 ff.
Die Sitte der Körperbestattung ist im 1. Jahrhundert nach Chr. in den
römischen Provinzen von Nordgallien bis ins Alpengebiet nachweisbar.
Ob es sich hier tatsächlich um keltische Traditionen handelt oder ob
auch andere Ursachen in Frage kommen, muß unter regionalen
Gesichtspunkten untersucht werden.
Vgl. A. v. Doorselaer,
Les nécropoles de l'époque romaine en Gaule septentrionale,
Diss. Arch. Gand., 10 (1967);
R. Nierhaus, Helinium 9, 1969, 245 ff.;
G. Graeser, Ur-Schweiz 28, 1964, 29 ff.;
ders., Ur-Schweiz 33, 1969, 2 ff.

6 M. Mackensen, Das römische Gräberfeld auf der Keckwiese in Kempten,
I. Gräber und Grabanlagen des 1. und 4. Jahrhunderts. Cambodunumforschungen 4, Materialh. Bayer. Vorgesch., Reihe A 34
(1978).

7 M. Jahn, in: 25 Jahre Siedlungsarchäologie (hrsg. H. Hahne), Mannus
Bibl. 22 (1922) 78 ff.; ders. a.a.O. (Anm. 2) 986 ff.

8 K. H. Otto, Jahresschr. Halle 33, 1949, 120 ff.; ders., Jahresschr.
Halle 34, 1950, 142 ff.

9 Für die latènezeitliche Gruppe 1 sind charakteristisch: z. B. die
Gräber von Z.erniki Wielkie, pow. Wrocl/aw (Ch. Pescheck, Die
frühwandalische Kultur in Mittelschlesien. Quellenschr. ostdt. Vor-
u. Früh-gesch. 5 (1939) 171 ff., 210 ff.) und Biskupin, pow. Z.nin
(B. Balke, Wiadomos´ci Arch. 34, 1969, 361 ff.).
Zur keltischen Tradition:
J. Kostrzewski, Sprawoszdania PAU Kraków 41, 1936, 183;
Z. Woz.niak, Osadnictwo celtyjske w Polsce (1970) 323;
St. Pazda, Studia Archeologiczne 5, 1972, 92 ff.
Für die frühkaiserzeitliche Gruppe 2 sind zu nennen:
die Gräber von
Wrocl/aw-Kozanow (Ch. Pescheck a. a. O. Abb. 3),
Radwanice, pow. Wrocl/aw (I. Kramarkowa, Silesia Antiqua 16, 1974, 197 ff.),
Kraków-Nowa Huta, pow.Krakow (R. Hachulska-Ledwos, Mat. Arch. Kraków
7, 1966, 151 ff.) und
Czacz, pow. Kos´cian (B. Kostrzewski, Fontes Arch. Posnan. 6, 1955,
68).
Zusammenstellung aller Körperbestattungen im Bereich der Przeworsk-
Kultur bei: K. Bykowski, Acta Univ. Wratislawiensis 253, Studia
Archeologiczne 7, 1976, 139 ff. Hier auch weitere Literatur.
Zuletzt dazu:
J. Wielowiejski (Hrsg.) Póz´ny okres laten´ski i okres rzymski.
Prahistoria ziem Polskich 5 (1981) 108 ff.

11 H.J. Eggers a.a.O. (Anm. 3) 109, Tab. I.

12 J. Filip, Keltové ve str^ední Evrope. Monumenta Archaeologica 5 (1956) 289 ff.
Zur Situation in Südbayern und in Tirol: vgl.
W. Krämer, Germania 39, 1971, 305 ff.;
O. Menghin, Bayer. Vorgeschbl. 39, 1974, 80 ff.;
R. Christlein, in: Das archäologische Jahr in Bayern
(hrsg. R. Christlein) (1980) 108 ff.
Besonders wichtig sind die Beobachtungen in Hortgertshausen (R.
Christlein a. a. O.), wo offensichtlich mit kleinen
Hügelaufschüttungen gerechnet werden muß.

13 K. Peschel, Ausgr. u. Funde 20, 1975, 235 ff. Hier jedoch nicht
überzeugende Verbindungen zum Rhein-Gebiet in Betracht gezogen.
Vgl. zu den Befunden im Rheingebiet:
B. Stümpel. Mitt. Hist. Ver. Pfalz 67, 1969, 64 ff.

14 W. Krämer a. a. O. (Anm. 12) 305 ff.

15 Vgl. dazu:
J. Werner, Bayer. Vorgeschbl. 20, 1954, 44 ff.;
ders., Bayer. Vorgeschbl. 43, 1978, 1 ff.;
J. L. Flouest - I. M. Stead,
Mém. de la soc. d'agr. commerc. sc. et arts du dép. Marne 92, 1977, 55 ff.

16 Allgemein zu diesem Problem: J. Collis, CBA-Report (1977) 3 ff.

17 Das wird sogar in Südfrankreich deutlich, beispielsweise am Grab
von Saint-Laurent des Arbres (Dép. Gard) im Rhonetal, das in die
beginnende augusteische Zeit datiert werden muß (G. Barruol - G.
Sauzade, Riv. Stud. Liguri 35, 1969, 15 ff.). In diesem Grab befand
sich außer Helm, Schwert, Lanze und Schild ein Trinkservice,
bestehend aus Keramik und Bronzegefäßen. Im Rhonetal können mehrere
Bestattungen dieser Art nachgewiesen werden. Das bekannte Fürstengrab
aus Fontillet, Gem. Berry-Bouy (Dép. Cher), ebenfalls mit Schwert,
Schild, Lanze und römischen Bronzegefäßen, ist in spätaugusteische
Zeit datiert (J. Werner, Bayer. Vorgeschbl. 20, 1954, 60 ff., Abb. 6).
Es handelt sich bei diesen Gräbern zweifellos um Bestattungen
keltischer Adeliger.

18 dazu:
V. Gardthausen, Augustus und seine Zeit 1, 2; 2, 2 (1964)
(Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1896).

19
G. Thill, Hemecht 18, 1966, 483 ff.;
ders., Hemecht 19, 1967, 199 ff.
Diese Gräber und ihr Verhältnis zur ausklingenden Spätlatènezeit im
Mittelrheingebiet bei: A. Haffner, Arch. Korrbl. 4, 1974, 59 ff.
Zur Frühphase seines Horizontes 5 rechnet Haffner das Grab von Trier-
Olewig (R. Schindler, Trierer Zeitschr. 34, 1971, 43 ff.), zur
jüngeren Phase dieses Horizontes hingegen die Gräber C und D von
Goeblingen-Nospelt. Zur frühesten römerzeitlichen Gräbergruppe
rechnet er das Grab B von Goeblingen-Nospelt und die Bestattung von
Wincheringen (H. Koethe - W. Kimmig, Trierer Zeitschr. 12, 1937, 44
ff.). Das Grab A aus Goeblingen-Nospelt soll in die Übergangszeit
zwischen beiden Horizonten gehören. Das Ende des Horizontes 5 wird
spätestens in das Jahr 10 v. Chr., der Beginn etwa zwischen 50 und 40
v. Chr. datiert (A. Haffner a. a. O. 68 ff.). Weiträumige
Verbindungen ersichtlich aufgrund der Schwertscheide aus Grab B
(Muster in Opus interrasile) bei:
J. Werner, in: Latène-Symposium Male Vozokany (1977) 370 ff.
Die Befunde in Goeblingen-Nospelt sind auch deswegen wichtig, weil
hier eine Kontinuität im Totenritual der Treverer Oberschicht
nachgewiesen werden kann (Gräber-Abfolge C/D - A - B). Es zeigt sich
dabei, daß erste Anregungen aus der römischen Welt, wie die Übernahme
von Trinkservicen und Amphoren in Nordgallien schon kurz nach
caesarischer Zeit erfolgte. In wieweit die Oberschicht auch noch in
spätaugusteischer und frühtiberischer Zeit im Totenritual ihre
Eigenständigkeit bewahren konnte, ist ungewiß. Die einfache
Bevölkerung aber wurde offenbar, wie es die Gräberfelder von Wederath
(A. Haffner, Das keltisch-römische Gräberfeld von Wederath-Belginum,
Trierer Grabungen u. Forschungen 6, 1 (1971); 6, 2(1974); 6,3 (1978))
und Lebach (G. Gerlach, Das Gräberfeld „Die Motte" bei Lebach.
Saarbrücker Beitr. Altkde. 16 (1976) zeigen, romanisiert.
Eigenständige Treverer Auxiliartruppen sind allerdings historisch
noch bis in claudische Zeit belegt (A. Kraft, Jahrb. RGZM 4, 1957,
104 ff.).

20 Die Gräber vom Typus Welwyn-Garden (I. M. Stead, Archeologia 101,
1967, 1 ff.) sind durch reiche Brandbestattungen, die außerhalb der
Gemeinschaftsfriedhöfe liegen, gekennzeichnet. Sie besitzen große
Grabgruben, und sie enthalten Service, bestehend aus italischen,
römischen oder belgischen. importierten Gefäßen, Amphoren,
Spielsteine, eiserne Messer, Waffen und Feuerböcke. I. M. Stead
unterscheidet zwei Gruppen. Die ältere, in der Kelheimer Kannen und
Silberbecher auftreten, wird in die Zeit zwischen 50 und 10 v. Chr.
datiert (Gräber: Welwyn A, Welwyn B, Welwyn Garden City). Die jüngere
Gruppe ist hingegen gekennzeichnet durch Terra Sigillata und gallo-
belgische Ware. Sie wird zwischen 10 v. Chr. und 50 n. Chr. datiert.
Die wichtigsten Gräber sind diejenigen von Mount Bures, Snailwell,
Stanfordbury A, Stanfordbury B. Beide Gräbergruppen sind mit der
Aylesford-Swarling-Kultur in Verbindung zu bringen, die während der
späten Latènezeit in Südost-England, in der Normandie, Picardie und
in Belgien verbreitet ist. Die Bestattungen dieser Kultur enthalten
meistens Keramik, nur selten Trachtbestandteile und ausnahmsweise
bronzene Gefäße (A. Birchall, Proc. Prehist. Soc. 31, 1965, 241 ff.).
Dazu auch: J.-L. Flouest - I. M. Stead, Iron Age Cemeteries in
Champagne in: Brit. Mus. Occas. Papers 6 (1979). Fürstengräber
existieren auch in noch späterer Zeit. Vgl. dazu: P. G. Laver,
Archaeologia 76, 1926/27, 241 ff. Bei Betrachtung der Gräber des
Typus Welwyn-Gardien ist wichtig festzustellen, daß einerseits
Verbindungen zu den normalen Bestattungen der Aylesford-Swarling-
Kultur existieren, andererseits eine Umgestaltung des Totenrituals
unter römischem Einfluß und damit auch eine Kontinuität etwa von
caesarischer bis in claudische Zeit ersichtlich ist.

21 G. Alföldy, Noricum. The Provinces of the Roman Empire (1974) 62
ff. Hier auch die wichtigste Literatur.

22 B. Overbeck, Raetien zur Prinzipatszeit, in: ANRW 5, 2 (1976) 669
ff.

23 Vgl. W. Krämer, Cambodunumforschungen 1953/1. Die Ausgrabungen von
Holzhäusern zwischen der 1. und 2. Querstraße, Materialh. bayer.
Vorgesch. 9 (1957) 118; M. Mackensen a. a. O. (Anm. 6) 180 ff.

24 P. Reinecke, Bayer. Vorgeschbl. 22, 1957, 36 ff.

25 E. Keller, Arch. Korrbl. 3, 1973, 325 ff. Bei Herrn Dr. E. Keller
bedanke ich mich sehr herzlich für zusätzliche Informationen zu
diesem Gräberkomplex und für die Möglichkeit, die Grabpläne und den
Katalog der Funde seiner noch ungedruckten Monographie
einsehen zu können.

26 Datierung in frühtiberische Zeit bei: M. Menke, in: Studien zur
vor- u. frühgeschichtlichen Archäologie, Festschrift J. Werner 1
(1974) 141. Datierung in tiberisch-claudische Zeit bei:
E. Keller a. a. O. 327;
J. Garbsch, in: Studien zur vor- u. frühgeschichtlichen Archäologie, Festschrift J. Werner 1 (1974) 163 ff.
Bei M. Mackensen (a. a. O. (Anm. 6) 49 ff.) Diskussion der von M.
Menke vertretenen Datierung. Die Datierung dieser Gräber basiert auf
der Zuweisung der Fibeln Almgren 236 b4 (Liste bei J. Garbsch a. a.
O. 180), deren letztes (?) Auftreten in den claudischen Lagern
gesichert sei, und der Fibeln Almgren 238 f, die aber auch in
frühtiberischer Zeit nachgewiesen seien. Vgl. dazu: J. Garbsch a. a.
O. 169, Anm. 14. Bei diesem Zeitansatz muß allerdings in Betracht
gezogen werden, daß normalerweise die alpinen Fibelformen durch die
Annahme datiert werden, daß die ostraetischen Körpergräber frühestens
in die Zeit nach der Gründung der ersten römischen Militäranlagen
gehören dürften. Lediglich aus Grab 1 von Heimstätten ergibt sich ein
direkter Hinweis, indem es einen Sesterz des Gaius Caesar, geprägt
für Agrippina mater (37/41 n. Chr.) enthielt. Trachtbestandteile aus
den Brandgräbern von Kundl in Tirol (O. Menghin, Bayer. Vorgeschbl.
39, 1974, 80 ff.) machen indes keltische Traditionen sowohl bei
Gürtelhaken wie alpinen Fibeln klar ersichtlich.

27 P. Reinecke a. a. O. (Anm. 24) 57 ff.

28 Vgl. dazu:
M. Menke a. a. O. (Anm. 26) 144 ff.;
M. Mackensen a. a. O. (Anm. 6) 51.

29 M. Menke a. a. O. 141 ff.

30 O. Menghin a. a. O. (Anm. 26) 80 ff.

31 M. Mackensen a. a. O. (Anm. 6) 49.

32 P. Reinecke a. a. O. (Anm. 24) Abb. 1.

33 P. Glüsing, Offa 21/22, 1964/65, 7 ff., Abb. 1.

34 Ähnliches bereits festzustellen bei der Eroberung Galliens durch
Caesar. Vgl. dazu auch: E. M. Wightman, Helinium 17, 1977, 105 ff.

35 R. Christlein, Bayer. Vorgeschbl. 47, 1982, 275 ff. Vgl. dazu: W.
Krämer, Germania 30, 1952, 330 ff.; ders., Germania 37, 1959, 140
ff.; ders., Bayer. Vorgeschbl. 33, 1968, 81 ff.; P. Glüsing a. a. O.
(Anm. 33) 7 ff. Zu diesen Fragen zuletzt auch: S. Rieckhoff-Pauli,
Bayer. Vorgeschbl. 48, 1983, 98 ff.

36 Uttenhofen: W. Krämer, Germania 30, 1952, Taf. 20, 11 - 19;
Kronwinkl: ders., Germania 37, 1959, Abb. 1 und 2.

37
Markkleeberg-Gautzsch: Th. Voigt, Jahresschr. Halle 32, 1940, Taf.
9, 2;
Hortgertshausen: R. Christlein a. a. O. (Anm. 35) Abb. 3, 1.

38 W.Krämer, Germania 30, 1952, Taf. 20, 1 - 10.

39 K. Peschel, Ausgr. u. Funde 20, 1975, 235 ff.
Zu den Verbindungen zwischen Mellingen und Traunstein bereits:
R. Christlein a. a. O. (Anm. 35) 285.

40 P. Glüsing a. a. O. (Anm. 33) 10.

41 Zum Ende des Oppidums von Manching vgl.
W. Krämer, Germania 40, 1962, 304 ff.;
R. Christlein a. a. O. (Anm. 35) 275 ff.

42
Manching: W. Krämer, Germania 39, 1961, 320, Anm. 52;
Günzburg: E. Keller, Bayer. Vorgeschbl. 35, 1970, 142 f.;
Karlstein: M. Menke, in: Latène-Symposium Male Vozokany (1977) 223 ff., Abb. 6. Vgl. auch:
K. Peschel, Anfänge germanischer Besiedlung im Mittelgebirgsraum.
Sueben-Hermunduren-Markomannen. Arbeits- u. Forschber.
Sachsen, Beih. 12 (1978) 189 ff.

43 O. Menghin a. a. O. (Anm. 26) 80 ff.

44 R. Christlein a. a. O. (Anm. 35) 281 ff. verbindet jedoch die
Gräbergruppe Uttenhofen-Kronwinkl-Hortgertshausen ausschließlich
mit mitteldeutschem Latène-Material. Seine Vergleiche basieren auf
der spätlatènezeitlichen Drehscheibenkeramik, deren Auftreten nicht
ethnisch gebunden ist, sondern, ihrer hervorragenden Qualität wegen,
auch von „Nichtkelten" verwendet wurde. Deshalb muß das Auftreten von
spätlatènezeitlicher Drehscheibenware einerseits, und handgemachter,
frühelbgermanischer Keramik andererseits, auch unterschiedlich
bewertet werden. Zumindest ein Teil dieser Gräber (Traunstein,
Hortgertshausen) ist indes aufgrund der Trachtbestandteile und durch
die in Kundl nachweisbare kontinuierliche Entwicklung sicher
keltisch. Die germanischen Elemente, bei welchen es sich vorwiegend
um geschweifte Fibeln, aber vereinzelt auch um Keramik handelt,
müssen jedoch mit Mitteldeutschland und Böhmen in Verbindung gebracht
werden. So auch S. Rieckhoff-Pauli a. a. O. (Anm. 35) 41. Schon P.
Glüsing a. a. O. (Anm. 3 3) 20, unterscheidet in Niederbayern
zwischen einer keltischen und einer germanischen Phase (?).

45 Ähnliches zeigt sich sowohl in Südböhmen wie in Franken (hier im
Verlaufe der Phase 2) und dies kann einen kausalen Zusammenhang
haben. Bezugnehmend auf die absolute Datierung der böhmischen Phase 2
kann dieser Rückzug der Germanen wohl mit dem groß angelegten
Zangenangriff von Tiberius und Saturninus gegen Marbod in Verbindung
gebracht werden. Hierzu wird berichtet, daß unter Tiberius von
Carnuntum aus, und unter Saturninus von Mainz aus kommend, insgesamt 12 römische Legionen vordrangen. Die enorme Größe des Heeres konnte
dabei jedoch nicht nur bedingt sein durch die Truppenstärke des
markomannischen Gegners, sondern es muß auch darum gegangen sein, in
den durchzogenen Gebieten, Einheiten zu deren Befriedung
zurückzulassen. Den schriftlichen Überlieferungen zu Folge, waren die
beiden Heeresabteilungen nur 5 Tagesmärsche von den feindlichen
Vorposten entfernt, als der ganze Angriff wegen des pannonischen
Aufstandes abgebrochen werden mußte (Vell. Paterc. II, 110). Von
Mainz aus, in Richtung Boiohaemum, führte der direkteste Weg des
Saturninus über Hessen, den Main entlang, nach Niederbayern, wo er
dem der Donau folgenden Tiberius begegnen mußte. Auch aus taktisch-
militärischen Gründen wäre es wohl naheliegend, wenn der verabredete
Treffpunkt im Raume um Linz, also im Gebiet der befreundeten Noriker
gelegen hätte, von wo aus Mittelböhmen, der Moldau entlang,
zu erreichen war. Der Wichtigkeit dieses Donau-Übergangs wurde ja
bald danach durch die Erbauung der Kastelle von Linz und
Enns-Lorch entsprochen (H. Ubl, in: W. S. Hanson - L. J. F. Keppie,
Roman Frontier Studies, Bd. 2, BAR Internat. Ser. 71 (1980) 590). Der
tatsächliche Ablauf dieses Unternehmens ist allerdings noch nicht
genau rekonstruierbar. Es scheint allerdings, als gäbe es auf der
hypothetischen Marschroute des Saturninus, in Franken im Verlaufe von
Phase 2, in Niederbayern von Beginn der Phase 2 an, keine Spuren
germanischer Besiedlung mehr. Das Schicksal der hier einst ansässigen
Germanen ist unbekannt. Von spät-tiberischer Zeit an, d. h. nach dem
„Zangenangriff", treten jedoch elbgermanische Funde in den römischen
Rheinprovinzen auf, und es ist darum nicht auszuschließen, daß
Saturninus Rückzug für das Schicksal der an seiner Marschroute
siedelnden Germanen verantwortlich ist. Zu den Sueben im Rheingebiet:
R. Nierhaus, Das suebische Gräberfeld von Diersheim, Röm.-Germ.
Forsch. 28 (1966) 182 ff.

46 Zu Karlstein: vgl. M. Menke a. a. O. (Anm. 42) 223 ff.

47 Dies schon von G. Ulbert ausführlich diskutiert. Hier wird sogar
damit gerechnet, daß die großen Donau-Oppida von Manching und Kelheim
auch nach der Besetzung Raetiens noch existierten (G. Ulbert,
Germania 35, 1957, 324 ff.). Die raetische Körpergräbergruppe wird
hier als Fortsetzung einer keltisch lokalen Entwicklung bis in
tiberisch-claudische Zeit gedeutet. Zur Deutung Niederbayerns in
augusteischer und tiberischer Zeit vgl. W. Krämer a. a. O. (Anm. 41)
314 ff. Hier auch Verbreitungskarten zu den Stufen Dl, D2 und D3.

48 B. Overbeck, in: ANRW II, 5, 2 (1976) 658 ff.; H. J. Kellner, in:
ANRW II, 5, 1 (1976) 690 ff.

49 Die Körpergräber beginnen im elbgermanischen Bereich mit der
böhmischen Phase 2. Wenn es sich bei dem Grab von Markkleeberg-
Gautzsch (H.-J. Eggers, Der Grabfund von Markkleeberg-Gautzsch bei
Leipzig. Studien aus Alteuropa 2. Festschr. K. Tackenberg. Beih.
Bonner Jahrb. 10/2 (1965) 201 ff.) tatsächlich um eine
Körperbestattung handeln sollte, dann kann dieser Befund anschaulich
machen, wie die Körpergrabsitte in den angrenzenden Gebieten
übernommen wurde.

50 Hier muß allerdings gefragt werden, wie es historisch zu verstehen
ist, daß nach Zerstörung der keltischen Oppida durch die
Markomannen die alten Handelsbeziehungen offenbar nicht abbrachen.
Spricht das nicht für besondere und weitere Kontakte zwischen
böhmischen Boiern und den eingewanderten Markomannen? Die Frage ist
deshalb von Wichtigkeit, weil geklärt werden müßte, wer in
Südböhmen von Phase 2 an, als dieses Gebiet offenbar nicht mehr
markomannisch besiedelt war, als Vermittler zu Noricum wirkte.

51 Vgl. Anm. 42 und 44.

52 Die Hochachtung der keltischen Oberschicht durch die Germanen wird
nicht nur aus der gelegentlichen Heirat germanischer Führer mit
keltischen Adelstöchtern (Ariovist mit der Schwester des norischen
Königs Vocco, vgl. BG I, 53, 4) ersichtlich, sondern auch durch die
Tatsache, daß germanische Anführer keltische Namen annahmen.
Vgl. dazu:
R. Much, Zeitschr. dt. Altert, u. dt. Lit. 65, 1928, 1 ff.;
A. Scherer, Beitr. Namenforsch. 4, 1953, 5.
Zu dieser Frage auch
R. Nierhaus a. a. O. (Anm. 45).

53 E. Gierach, König Marbod, in: Gymnasium 50, 1939, 82.

54 Dazu:
H. J. Eggers, Der römische Import im Freien Germanien. Atlas der
Urgeschichte 1 (1951) 64 ff.;
J. Kunow, Negotiator et Vectura. Händler und Transport im Freien Germanien, in:
Kl. Schr. Vorgesch. Seminar Marburg 6 (1980);
J. Oldenstein, in: Arch. Korrbl. 5, 1975, 299 ff.

55 H. U. Nuber, in: Ber. RGK 53, 1972, 1 ff.

56 Ständige Verbindungen wurden durch Gesandte gepflegt. Dazu: Vell.
Paterc. II, 109, 2.

57 Vgl. dazu: R. Zahn, Jahrb. DAI 65/66, 1950/51, 264 ff.

58
G. Spano, Atti della Accad. d'Italia. Memorie della Classe di
Scienze Morali e Storiche, 7. Ser., 3, 1943, 237 ff.;
J.-M. Dentzer, Mélanges Ecole Franç.. Rome 74, 1962, 534 ff.

59 Vgl. dazu:
H. U. Nuber a. a. O. (Anm. 41) 144 ff.;
H. Gabelmann, Helvetia Arch. 49, 1982, 9 ff.

60 Dasselbe ist zu beobachten bei der thrako-dakischen Oberschicht
der Prinzipatzeit. Hier sind vor allem die Gräber von Alikaria, Bez.
Anhial, und Elehc^a, Bez. Haskovo, in Bulgarien, und das Grab von
Vize, Bez. Lüleburgaz, in der Türkei, zu nennen. Vgl. dazu: B. A.
Raev, 58. Ber. RGK 1977, 632 ff. Dasselbe gilt für Bestattungen der
westukrainischen Lipica-Kultur der gleichen Zeit (M. Smiszko,
Wiadomos´ci Arch. 13, 1935, 154 ff.; ders., Sov. Arch. 1957/1, 238
ff.).

61 Hier müssen vor allem regionale Besonderheiten berücksichtigt
werden. Ähnliches zeigt sich bei Betrachtung der Schwertgräber in der
Bronze- und Eisenzeit. In der Regel sichert das Schwert die
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe; die Unterschiede in der
Anzahl der Trachtstücke und Beigaben ist aber eher von persönlichen
Möglichkeiten und Reichtum abhängig.





Note that in the supposedly exhaustive probing of all possible ethnic origins of the new inhumation-related funeral customs, Sarmatian doesn't get a single word.


Torsten